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Baltimores Deutsch-Amerikaner in
Handel und Industrie.
Baltimores Deutsch - Amerikaner in
Handel und Industrie.
Einst hielt an des Patapscos Strande, ich eine kurze Wanderrast,
Bei einem alten deutschen Manne, war ich ein froh willkomm'ner Gast.
Ein silberweisser Bart umrahmte das tief durchfurchte Angesicht,
Doch war noch ungebeugt der Nacken und hell und klar der Augen Licht.
Ich sprach von Diesem und von Jenem und klagte, dass in diesem Land
So manches edle deutsche Wirken, meist ungenügend anerkannt.
Da zog der Greis mich leise lächelnd, vor seines Hauses offenem Thor
Und deutete zu unseren Füssen auf's Häusermeer von Baltimore:
"Vor 50 Jahren war dies dort, ein kleines Städtchen, kaum genannt;
Und heute ist in weit'ster Ferne, der Name Baltimore" bekannt;
Von Ost' und West', von Süd' und Nord', zieh'n viele Strassen kreuz und
quer
Mit fleissigen Menschen stets belebt, durch dies gewalt'ge Häusermeer,
Und jede Strasse zeuget laut von deutscher Arbeit, deutschem Schweiss,
Und jedes Haus und jeder Stein bezeugen laut den deutschen Fleiss.
Wir machten hier zuerst das Glas, wir stampften hier zuerst Papier,
Die erste Bibel druckte hier in Deutsch, ein deutscher Pionier,
Wir bauten Brücken hoch und hehr, und schufen manchen Handelszweig
Und sandten selbstgebaute Schiffe in manches ferngeleg'ne Reich.
Manch' gold'nes Handwerk brachten wir vom alten Vaterlande mit
Und deutsche Kunst und Wissenschaft begrüssen dich bei jedem Schritt.
Wir pflanzten hier der Blumen Pracht, zuerst in Garten und in Feld,
Die allerbesten Aecker hier hat deutscher Bauern Hand bestellt
Und lachet Dich der Stolz der Stadt, der Druid Hill Park so lieblich an.
Den hat aus roher Wildniss einst erschaffen uns ein deutscher Mann ;
Und jede Veste an der Bai errichtete zu Schutz und Wehr
Vor vielen Jahren dieser Stadt ein tücht'ger deutscher Ingenieur.
Und als der Feind mit vielem Volke sich nahen wollte dieser Stadt,
War es ein Mann aus deutschem Stamme, der jenes Fort vertheidigt hat.
Bei North Point schlugen sie die Schlacht; der Feind kam nicht nach
Baltimore,
Es schob ein Mann aus deutschem Stamme ihm einen Eisenriegel vor.
So spricht zu uns ein jedes Haus, an dem ein Deutscher mitgebaut,
So kündet's jede Strasse Dem, der off'nen Blickes sie beschaut,
So kündet's uns manch mächt'ger Schlot, aus dem der Rauch zum Him-
mel steigt,
So kündet's der Geschichte Buch, wenn auch der Menschen Missgunst
schweigt;
Und desshalb braucht der Deutsche hier die Spötter gar nicht zu befehden,
Wenn Menschen schweigen, heisst es ja, da werden laut die Steine reden."
Isidor Loewenthal.
Als vor 160 Jahren Baltimore Town" am östlichen Arm
des Patapsco vermessen und gegründet wurde, waren
auf dem Gebiete, welches heute das Häusermeer von Baltimore
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bedeckt, schon verschiedene deutsche Pflanzer angesiedelt;
wir dürfen deshalb mit Stolz von unseren Landsleuten sagen,
dass sie an der Wiege dieser Stadt gesessen. Ein Deutscher,
Namens Mohl, dessen Nachkommen sich heute Moale nennen,
verhinderte sogar durch seinen Starrsinn, dass die Stadt am
linken Ufer des östlichen Flussarmes und nicht auf der Halb-
insel, deren Spitze heute Fort McHenry bildet, angelegt wurde.
Die Namen "Moale's Point," "Loudenslager's Hill" und "Stei-
ger's Meadow" sind älter, als die Stadt Baltimore und auf dem
ersten Stadtplan finden wir bereits eine Germanstr. Lane und
eine Uhler's Alley verzeichnet. Welche Bedeutung das Deutsch-
thum von allem Anfange an in Baltimore hatte, ist daraus
zu ersehen, dass von den sieben ersten Stadträthen vier
Jacob Sterrett, Engelhardt Yeyser, George Lindenberger und
Peter Hoffmann Deutsche waren.
Als Gouverneur Sharpe im Sommer des Jahres 1753 nach
Maryland kam, besuchte er kaum wenige Monate später unsere
Stadt und schrieb am 2. Mai 1754 an den Grundherrn, Lord
Baltimore in England: Ich habe seit meiner Ankunft die
Gelegenheit wahrgenommen, die Stadt Baltimore zu besuchen,
welche in der That das Ansehen des blühendsten Ortes der
Provinz hat; doch meinen Erwartungen hat sie nicht entspro-
chen, denn sie kann weder an Zahl der Häuser, noch in der
Bevölkerung mit Annapolis rivalisiren und was die Lage be-
trifft, so steht sie weit hinter dieser Stadt zurück. Wenn man
jedoch die Handelsverhältnisse und das weit ausgedehnte Hin-
terland berücksichtigt, so stellt sich die Sache weit günstiger
für Baltimore. Würden einige reiche Herren sich dort nieder-
lassen und sich dem Handel widmen, so w.ürde es bald ein
blühender Ort werden, aber weil bis jetzt wenige, ausser den
Deutschen, welche im Allgemeinen wohlhabend sind, sich dort
niedergelassen haben und sich anzusiedeln Neigung zeigen, so
befürchte ich, dass aus dem Orte nicht viel werden wird."
Diese ersten deutschen Kaufleute unserer Stadt, deren Na-
men uns nicht erhalten geblieben sind, waren ohne Zweifel
über Pennsylvanien, eingewandert, aber ihr Unternehmungs-
geist machte gar bald eine direkte Einwanderung möglich und
Baltimore war kaum 25 Jahre alt, so begannen schon die ersten
Einwanderer hier zu landen, Annapolis war aber immer noch
der Haupthafen, bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
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Beim
Ausbruche
der Revolution hatte Baltimore die Provin-
zialhauptstadt weit überflügelt und wie viel dayon auf Rech-
nung des Deutschthums kam, geht daraus hervor, dass das-
selbe schon stark genug war, um dem Colonialheere ein
Regi-
ment unter dem
Obersten Weltner zu stellen. Als der Colo-
nial-Congress 1776 aus Philadelphia flüchten musste, konnte
ihm der deutsche Kaufmann Veit in Baltimore, sein Gebäude
an der Ecke von Market-, Sharp- und Libertystr., als Ver-
sammlungshalle zur Verfügung stellen.
Gegen Ende des letzten Jahrhunderts war die Zahl der
deutschen Kaufleute und Firmen bereits sehr gross und einige
Namen aus jenen Tagen haben sich bis auf unsere Zeit erhal-
ten. Bartholmäus Mayer, ans Ulm, war einer der ersten Gross-
händler unserer Stadt um die Mitte des Jahrhunderts. Ein
anderer Mayer war 1817 der erste Präsident der deutschen Ge-
sellschaft und sein Ur- Ur-Enkel ist Herr Chas. F. Mayer,
der gegenwärtige Präsident der Baltimore-Ohio Bahn. Von Kapff
& Anspack gehörten vor 100 Jahren zu den ersten Rhederfirmen
der Stadt, deren Geschäft ging später auf F. W. Brune &
Söhne über, welche Firma bis in unsere Tage bestand. Wenn
man den kleinen Adresskalender von 1795 zur Hand nimmt,
so findet man in demselben reichlich 50 Prozent deutscher
Namen, darunter solche, welche stolze Handelshäuser repräsen-
tirten, wie z. B. Peter Hoffmann, Falck, Focke, Albert, Meyer,
Schwarz, Cohen, Schäfer, Bohn, Slingluff, Brantz, Waesche,
Raborg, Schroeder, Benziger, Reinecker, Diffenderffer, Stauffer,
Starck, Evans, Seekamp, Ratien, Konicke, Zollikoffer, Clemm,
Eichelberger, Sadler, u. s. w.
Die Continentalsperre und die Folgen des Krieges von
1813 haben die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und
den Ver. Staaten sichtlich geschädigt, denn die Zahl der
deutschen Handlungshäuser scheint von 1810 bis 1830 eher
ab- als zugenommen zu haben und was in dieser Zeit in un-
serer Stadt vom Deutsch -
Amerikanerthum Bedeutung hatte,
gehörte meist der zweiten und dritten Generation an. Gegen
Ende der zwanziger Jahre begann wieder ein direkter Zufluss.
Bei dieser Gelegenheit soll übrigens erwähnt werden, dass
ein Deutsch-Amerikaner der zweiten Generation, Oberst Jakob
Small 1826 zum Bürgermeister der Stadt erwählt wurde.
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Zu Anfang der dreissiger Jahre, als der direkte Handels-
verkehr zwischen Bremen und Baltimore eingeleitet worden
war, kam Albert Schumacher, ein junger Bremer Kaufmann
hierher und errichtete hier mit einem andern Bremer, Namens
Heinichen, ein Handelshaus, welches eine gewaltige Blüthe
erlangte und noch heute unter der Firma A. Schumacher & Co.
zu den grössten der Stadt gehört. Herr A. Schumacher war
ein grosser Kaufmann und ein Mann von seltenem Gemein-
sinn, er wurde bei seinem am 27. Juni 1871 erfolgten Tode
allgemein betrauert. Wie hoch Herr Schumacher in der, Ach-
tung seiner Mitbürger stand, geht daraus hervor, dass ihm zu
wiederholten Malen Ehren- und Vertrauensämter übertragen
wurden. Er war Präsident des Baltimorer Handelsdirektori-
ums, Präsident der Deutschen Gesellschaft von Maryland"
und war einer Derjenigen, welche die Dampferlinie zwischen
Baltimore und Bremen in's Leben riefen. Seine Firma ging
auf seinen Neffen, G. A. von Lingen, den derzeitigen Consu
des deutschen Reiches über. Während der letzten sechzig
Jahre sind zahlreiche deutsche Handelshäuser hier errichtet
worden und
eine Anzahl blühen heute noch; von den älteren und
bekannteren nennen wir Gebrüder Böninger, W. Dresel & Co.
Stirling, Ahrens & Co., Claas Vocke, G. von Kapff & Arens,
J D. Kremelberg & Co., Droste & Sutro, Stellmann & Hinrichs,
G. Lürmann
& Co., Geyer & Wilkens, Rogge & Koch, Spilker
& Co., E. Prior & Co., und zahlreiche andere.
Welch regen Antheil das deutsch-amerikanische Element
aber auch an dem Handel Baltimores genommen hat und heute
noch nimmt, und wie stolze Namen wir auf diesem Gebiete
nennen können, so kommen die Deutschen in dieser Hinsicht
doch erst in zweiter Linie.
Eine weit höhere Nummer verdienen sie dagegen in der
Industrie; in der Gewerbsthätigkeit stehen sie nicht nur keiner
anderen Nationalität nach, sondern sind allen anderen voraus.
Von allem Anfange an war das Kleingewerbe, Bäckerei,
Schlächterei, Schuhmacher und Schneider, Tischler, Küfer,
u. s. w. in deutschen Händen, und so ist es geblieben bis auf
den heutigen Tag. Man wandere durch unsere Markthallen
und man wird finden, dass achtzig Prozent aller Metzgerstände
deutsche Namen tragen, die Kundenschneider sind zum gröss-
ten Theil, die Bäcker, Zuckerbäcker, Zigarrenmacher u. s. w.
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fast durchweg deutsch. Doch wie anerkennenswerth diese
kleine Gewerbsthätigkeit auch ist, sie fällt heute, in dem Zeit_
alter des Grossbetriebs, nicht mehr in die Augen. Aber auch
als Gross-Industrieller nimmt der Deutsche und Deutsch-
Amerikaner in Baltimore einen Hauptrang ein.
Die erste bedeutende Industrie Baltimore's wurde von dem
aufstrebenden Handel dieser Stadt bedingt, es war der Schiffs-
bau, den die Wälder an der unteren Bai durch ihre pracht-
vollen, geeigneten Hölzer sehr begünstigten. Die Deutschen
dürfen stolz darauf sein, dass einer der ersten bedeutenden
Schiffsbauer dieser Stadt, Jak. Brusstar, ein Mann ihrer Na-
tionalität war; das Geschäft blüht heute noch.
Die erste
Zuckersiederei in Baltimore wurde 1796 von
den Deutschen Garts & Leypoldt errichtet; die Zucker-In-
dustrie Baltimore's war bis zu ihrem Zusammenbruch im Jahre
1873 grösstentheils in deutschen Händen. Der deutsche Glas-
fabrikant Wm. Amelung hatte schon in den achtziger Jahren
des letzten Jahrhunderts am Monocacy eine Glashütte errich-
tet, 1796 zog er mit seinen Arbeitern nach Baltimore; er ver-
langte zuerst eine Subsidie vom Congress und ist der Pionier
der Glasbläserei in Amerika. Die Industrie wird heute von
Baker & Co. (Nachkommen eingewanderter Deutschen), Swindell
Bros. und von Seim & Co. im Grossen betrieben.
Baltimore war die erste amerikanische Stadt, welche die
Gasbeleuchtung einführte und zwar geschah dieses kaum zwei
Jahre später nachdem die Londoner City", am 1. April 1814,
mit Gas beleuchtet worden war. Das grösste Verdienst um die
Gasbeleuchtung unserer Stadt, erwarb sich der hiesige Porträt-
maler Rembrandt Peale, doch neben ihm muss unbedingt der
deutsche Arzt und Chemiker Dr. Kugler
genannt werden,
dessen Verdienste um die Gasbeleuchtung seiner Zeit allgemein
anerkannt wurden. Noch heute ist Baltimore der Hauptplatz
für grosse Gaseinrichtungen; die hiesige Firma Bartlett, Hay-
ward & Co., hat fast alle grossen Gaswerke auf diesem Conti-
nente gebaut und erhält selbst Aufträge aus England, dem
Vaterlande des Leuchtgases. Ihr Ingenieur für Gaswerke,
Friedrich Mayer aus Bremerhafen, ist eine Autorität in diesem
Fache und hat das Gaswesen durch verschiedene Erfindungen
und Verbesserungen bereichert.
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Eine andere grosse Industrie Baltimores ist die Bierbrauerei.
Schon 1792 errichtete der aus Pennsylvanien hierhergezogene W.
Barnitz, an der Süd-west-Ecke der Hanover-
und Baltimore-Str.,
eine Brauerei, freilich in sehr bescheidenem Maasstabe. Seitdem
wurde einfaches Bier hier gebraut. Das erste Lagerbier brachte
Wm. Holtzmann
1845 von Philadelphia hierher und bald wurde
das bairische Gebräu durch Gr. Rossmarck hier heimisch ge-
macht. George Rost wurde der erste Grossbrauer in Baltimore,
ihm folgten Thomas Beck, Jacob Seeger, J. Neissendörffer; nach
diesen sind Namen wie Bauernschmidt, Wiessner, Von der Horst,
Günther, Brehm, Stiefel, Helldörfer, Wehr, Hobelmann & Gott-
lieb, Sommerfeld, Strauss u. s. w., zur Geltung gekommen, wel-.
che durch gewaltige Kapitalanlagen, oder ihren Geschäftsgeist,
dazu beigetragen haben, das Braugewerbe in Baltimore auf die
Stufe der Grossindustrie zu heben.
Baltimore ist ferner ein Hauptsitz der Piano -
Industrie
Amerikas und dieses ist ausschliesslich ein Verdienst der Deut-
schen. Als Wilhelm Knabe, der Vater der amerikanischen
Piano-Industrie im Jahre 1833 hier landete, gab es hier sowohl,
als sonstwo im Lande, noch keine Piano-Fabriken, sondern nur
kleine Claviermacher, welche die aus dem Leim gegangenen
importirten Pianos zusammenleimten und neu stimmten; ein
solcher, Namens Hartgen, lebte auch in Baltimore, und bei
diesem fand W. Knabe zuerst Beschäftigung. Hartgen ist der
Erfinder der gusseisernen Agraffe, welche das moderne Piano in
all seiner Vollkommenheit möglich gemacht hat. Im Jahre
1836 gründete W. Knabe die Firma Knabe & Gähle, und etwa
vier Jahre später führte er das Geschäft unter eigenem Namen,
welches seitdem unter der Pflege seines Sohnes Ernst Knabe
(dessen Bruder und eines Schwagers Karl Keidel) zu einem
Weltgeschäfte empor gewachsen ist. Im Jahre 1850 gründete
K. Stieff aus Stuttgart ein zweites Pianogeschäft hier, welches
heute von seinen Söhnen fortgeführt wird. -Heinrich Wilkens
etablirte eine dritte Fabrik, welche jetzt auf Hrn. Heinekamp
übergegangen ist Hr. Freymann, ein früherer Theilhaber der
Gähleschen Fabrikgesellschaft, betreibt gleichfalls noch die Fa-
brikation von Instrumenten. In jeder Hinsicht ist dieses eine
deutsche Industrie, von Deutschen in's Leben gerufen, von
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Deutschen betrieben und sie wird noch heute von Männern
controllirt, die bis in ihr innerstes Wesen deutsch geblieben sind.
Die Eisen-Industrie Maryland's, welche infolge des allent-
halben zu Tage tretenden Hämatite-Eisens einen so gewaltigen
Aufschwung erlangt hat, ist ebenfalls eine deutsche Schöpfung.
Schon lange vor der Gründung Baltimores grub Joh. Mohl,
oder wie seine Nachkommen den Namen amerikanisirt haben,
Moale, auf Moale's Point, später Whetstone's Point genannt,
Eisen aus der Diluvialschicht. Das Erz wurde ursprünglich
nach England geschickt, es dauerte aber gar nicht lange, so
baute man nach dem Vorgehen der Deutschen in Pennsylva-
nien, hier selbst Hochöfen und Maryland's Eisen-Industrie hat
sich seitdem gewaltig entwickelt; an dieser Entwickelung haben
die Deutschen ihren grossen Antheil genommen.
Es war eiu Mann aus deutschem Stamme, Namens Reeder,
welcher hier die ersten grossen Lokomotiven baute. Der Bremer
Wendel Bollmann erfand hier die zerlegbaren eisernen Brücken,
die dem Bahnbau auf diesem Continente so gewaltigen Vorschub
geleistet haben; Hazlehurst & Wiegand hatten in den vierziger
Jahren eine grosse Maschinenfabrik in Baltimore; Anton
Weisskittel
war der Gründer einer Eisengiesserei; George Plitt,
sein früherer Partner, steht heute an der Spitze eines grossen
Geschäftes. J. B. Adt hat eine ansehnliche Maschinenfabrik und
besitzt zahlreiche Patente, und ausserdem könnte man noch
viele andere deutsche Namen nennen, wie Emerich
& Flynn,
Schiller u. s. w.
Baltimore war lange Zeit der bedeutendste Tabaksmarkt
der Welt und es konnte deshalb nicht fehlen, dass hier auch
Fabriken entstanden. Schon um die Mitte der vierziger Jahre
richtete der grosse Tabaksfabrikant Ph. Gail in Giessen, sein
Augenmerk auf unsere Stadt und 1849 schickte er seinen Sohn,
G. W. Gail, init genügendem Kapital hierher, um hier eine
Fabrik zu gründen. Dieselbe hat seitdem unter der Firma
G. W. Gail & Ax einen Weltruf erlangt. Um dieselbe Zeit
hatte auch G. Bischoff begonnen, seinen Deutschen Rauch-
tabak" hier zu fabriziren; dessen Fabrik ging später auf
F. W. Felgner, den Schwiegervater des Hrn. Gail, über, wel-
cher während der letzten 30 Jahre hier eine grosse Fabrik
errichtete, die seit seinem Tode von seinem Sohne, Hrn. Edward
Felgner, nnter der alten Firma geleitet wird. Auch die Gebrü-
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der Marburg haben im Laufe des letzten Viertel Jahrhunderts
die Tabaksfabrikation mit grossem Erfolge betrieben. Die
Cigarrenfabrikation, im Grossen wie im Kleinen, ist grössten-
theils in deutschen Händen. Der erste grössere Cigarrenfabri-
kant war J. J.
Requardt, dessen Geschäft noch heute unter
Leitung seiner Söhne florirt: ausserdem sind noch zu nennen
Becker & Söhne, Heinemann, Kuhn, Heller, Kappler u. s. w.
Die Industrie, Thierhaare aller Art für den Handel und
den Verbrauch herzurichten, ist durchaus eine Baltimorer
Schöpfung; sie wurde hier von dem verstorbenen Wilhelm
Wilkens zuerst eingeführt und überhaupt geschaffen: Wilkens
und seine Nachfolger haben ein Weltgeschäft aufgebaut.
Auch in der. Fabrikation fertiger Kleider darf Baltimore
einen Hauptrang unter deu amerikanischen Gross-Städten bean-
spruchen, indem wenigstens drei Dutzend grosser Firmen, welche
Tausende von Arbeitern beschäftigen, sich diesem Fabrikzweige
widmen; wir können hier thatsächlich nur die ältesten und
bekanntesten nennen, wie Strauss & Bros., R. Walter's Sons,
Oehm's Acme Hall, Kahn & Schloss, Meyer, Reinhard & Co.,
L. Greif & Bro., Ph. Herzberg & Co. u. s. w. Die Eureka Coat
Pad Co. ist eine ganz neue, in Baltimore zuerst entstandene In-
dustrie; sie fertigt Wattirungen für die Kleiderfabriken an. Herr
I. Löwenthal ist der Unternehmer und Leiter dieser Fabrik.
Eine andere Industrie, welche die Deutschen hier geschaffen
und welche unsere Stadt bis zu den Antipoden berühmt ge-
macht hat, ist die Conserven-Industrie. Der Vater derselben
ist Wilhelm Numsen, der im hohen Alter hier starb und dessen
Söhne heute das von ihm begründete Geschäft fortführen.
Obst, Feldfrüchte, Austern, Krabbeu, kurzum alles Mögliche,
wird heute in Blechbüchsen conservirt und iu den Handel
gebracht. In dieser Industrie hat Baltimore einen Namen, der
durch alle Lande geht.
Die Lithographie, Holzschneidekunst
u. s. w., ist gleich-
falls deutschen Ursprungs. Die Steindruckerei wurde in den
vierziger Jahren von E. Weber und August Hoen hier begrün-
det, ausserdem sind noch eine Anzahl ähnlicher und verwandter
Geschäfte im Laufe der Jahre hier entstanden. Wir nennen
nur Ehlen & Co., Torsch
& Lee, Jos. Friedenwald, Guggen-
heimer, Weil & Co. u. s. w.
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Die gesammte Holz-Industrie Baltimore's ist eine deutsche
Schöpfung und zum grössten Theil noch in deutschen Händen.
Der erste Wagner Baltimores war ein Deutscher, er hiess
George Strebeck und lebte um 1750. An die Möbelfabrikation
dachte damals noch Niemand, dieselbe ist ein Kind unserer
Zeit, aber die Deutschen haben ihren grossen Antheil daran.
Die Atlantic Furniture Comp. ist eine deutsche Gesellschaft,
die Firmen Klipper, Webster & Co., L. Hehl & Co., Beck & Co.,
Günther &
Fink, U. Pollack sind alt etablirt Als Schau-
kästenfabrikanten haben F. X. Ganter, und die Franz Sauer
Manuf. Comp. grosse Fabriken errichtet. Die bedeutendste
Rabmenfabrik im Süden haben Schneider & Fuchs gegründet.
Als Kutschen und Wagenbauer liess sich eine lange Reihe von
Namen anführen, wir können hier nur Rhein, Schmidt, Albaugh,
Leonhardt und Lehnert nennen. Auch die einzige Fabrik von
Kinderkutschen in Baltimore ist eine deutsche Schöpfung.
Die Schuhfabrikation
ist kaum älter als ein Menschenalter
und sie beschäftigt bereits über ein Dutzend Firmen. Der
Pionier ist Herr Joh. Faust, aus Schlitz, Hessen-Darmstadt,
welcher seine blühende Fabrik zu Anfang vorigen Jahres nach
Havre de Grace verlegte.
Die chemischen Fabriken, (Phosphate, Säuren, Droguen,
Patentmedizinen, Farben, Seife und verwandte Zweige) sind
grösstentheils in deutschen Händen, wir nennen hier Lorenz &
Rittler, Slingluff & Co., Dambmann & Bro., Sharp & Dohme,
A.
C. Meyer & Co., Brown & Winkelmann Co., The Charles A.
Vogeler Comp., Aug. Vogeler, Popplein &
Co., Chr. Lipps.
In
dieser Verbindung darf auch bemerkt werden, dass das Apothe-
kergeschäft zum grössten Theile von Deutschen betrieben wird.
Es gibt kein Feld gewerblicher Thätigkeit in unserer Stadt,
auf welchem die Deutschen nicht zu finden sind und in den
meisten Industriezweigen spielen sie eine führende Rolle, eine
ganze Anzahl derselben haben sie hier eingeführt und zuerst
hier entwickelt. Man denke sich diesen deutschen Gewerbefleiss
aus Baltimore hinweg, man stelle sich unsere Stadt ohne die
zahlreichen von Deutschen betriebenen und geleiteten Indu-
strien vor und sie muss ohne Zweifel auf die Stufe von Nor-
folk, Wilmington oder Savannah heruntersinken.
E. F. LEYH.
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