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THE ZION  CHURCH
OF   THE
CITY OF BALTIMORE.
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BY
REV.  H.  SCHEIB.
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THE ZION CHURCH  OF  THE CITY OF
BALTIMORE.
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Compiled and Read by  Rev. H. Scheib at a Meeting of the Society for the History of
the Germans in Maryland, February 1888.
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achfolgende Mitteilungen sind zusammengestellt aus ver-
schiedenen, der Zionsgemeinde gehörigen Schriftstücken
unter verschiedenen Titeln, von denen ich blos die beiden
wichtigsten anführe.
Das erste führt den Titel:
Abstract of Title of Property now held by, and formerly
belonging to
THE ZION CHURCH OF THE CITY OF BALTIMORE,
Incorporated 16. September 1830,
Formerly called
The High - German Lutheran Congregation of Baltimore Town.
Demselben entnehme ich Folgendes:
In 1668 the tract upon which the first Town of Baltimore
was laid out, was granted to Mr. Thomas Cole for 550 acres and
called "Cole's Harbor" and lying upon both sides of Jones' Falls.
Mr. Cole's only daughter and sole heir intermarried with
Charles Gorsuch and they sold separately in 1679 and 1682 the
tract called Cole's Harbor to David Jones who gave his name to
the stream. He is believed to have been the first actual settler
on said tract.
"Cole's Harbor" came into the possession of Jamed Todd
who was a stepson of David Jones. Todd re-surveyed the tract
and procured in 1686 a new patent for it by the name of "Todd's
Range."
—   58   —
In 1702, Todd and wife conveyed part of said tract to Charles
Carroll, Esq.
In 1729, an Act of the General Assembly of Maryland was
passed, to lay out a town on the North side of Patapsco River, in
Baltimore County, and for laying out in lots 60 acres of land
"about the place where one John Fleming now lives."
The Commissioners were appointed and directed to purchase
by agreement or obtain by valuation of a jury the above mentioned
60 acres of land, being part of "Cole's Harbor" or "Todd's Bange,"
belonging to Charles Carroll, Esq., which they were to lay out
into lots to be erected into a town, called "Baltimore-Town."
In January, 1730; the Commissioners laid off the town, com-
mencing at a point near what is now called Pratt and Light
streets and running various courses and distances to the low
grounds ten perches West of Gay street (including the Fish street
church lot).
In 1732, a new town of ten acres was laid off into lots, being
part of "Cole's Harbor" and lying East of the Falls, afterwards
known by the name of "Jones' Town."
By an Act of Assembly, passed 1745, the town laid out in
Baltimore County on the land "whereon Edward Fell keeps a
store" and the town East of the Falls were erected into one town
by the name of "Baltimore-Town."
Thos. Harrison purchased of Mr. Carroll for £160 Sterling
the intermediate grounds between Baltimore and Jones' Towns,
containing 28 acres of ground, and at the ensuing session of the
General Assembly—1747—an act was passed by which Gay street,
Frederick street and other streets were laid off with 18 acres of
ground. The addition was principally on the "West side of
Jones' Falls.
The church property on Gay street is included in this tract
of land or addition to "Baltimore-Town," commonly called and
known as "Harrison's" addition to said town, in part, and the re-
mainder in that part of "Baltimore-Town" laid off under the Act
of Assembly of 1729.
Obige Angaben sind durch Pläne veranschaulicht, von denen
der erste, eine genaue und werthvolle Arbeit, die ursprüngliche
Vertheilung des Landes zur Anlegung von Baltimore- und Jones'
Town und die stetige Erweiterung des Stadtgebietes zeigt.
Back - now Holliday St.
—   59  
Der zweite veranschaulicht das erste durch Ankauf von
Lawson, Yeiser u. A, erworbene Eigenthum der Gemeinde.
Der dritte zeigt das gegenwärtige Besitzthum der Gemeinde,
mit Hinweisung auf früheres, in andere Hände übergegangenes
Eigenthum.
Copieen der beiden letzten Pläne sind diesem Berichte bei-
gelegt.
Das zweite Schriftstück, in deutscher Sprache, führt den Titel:
KIRCHEN-ARCHIV,
oder
Umständliche Beschreibung und Benachrichtigung des Anfangs
    der teutschen Lutherischen Gemeinde in Baltimore Town,
in Baltimore County, in Maryland, und dessen (!) Fortgang.
Dann heisst es weiter:
"Einige Jahre nachdem die Stadt Baltimore angelegt war,
begaben sich einige teutsche Familien daselbst zu wohnen, von
welchen der Mstr. Vitus Hartweg, Sattler, der allererste war, und
zwar von unserer Lutherischen Religion; und obgleich nach-
gerade mehrere Lutherische sowohl als auch Reformirte sich an-
sammelten, so waren doch solcher viel zu wenig, um eine Kirchen-
gemeinde aufzurichten. Sie mussten daher mit Predigten reisender
Prediger, die öfters von übelm Euf und schlechter Aufführung
waren, vorlieb nehmen, bis die Gemeinden nachgerade so weit zu-
genommen, dass ein Prediger vor eine kleine Besoldung 6 oder
8 mal des Jahres aus 'Pensilvanien' hierherkam" u. s. w.
"Diese Versammlangen zum Gottesdienst wurden verschie-
dene Jahre mit löblicher Eintracht in der englischen Kirche ge-
halten, leidiger Streit, oder ich weiss nicht was, verursachte, dass
der fernere Gebrauch der Kirche versagt ward. Demzufolge
ward beiderseits berathschlagt, ein Mittel zu finden, auf was Art
der Gottesdienst könnte fortgesetzt werden."
---    ---    ---    ---   ---    ---
"Der erste Prediger, welcher ordentlich angenommen ward,
war der Ehrwürdige Johan Georg Bager, der 3 Jahre nach ein-
ander jedes Jahr 6 mal von Pensilvanien herunter kam und die
geistlichen Functiones verrichtete, wovor er jährlich nicht mehr
als fünf Pfund zur Bezahlung genoss — blutwenig vor die Müh-
—    60    —
waltung eines Seelsorgers. Aber da die Gemeinde nur aus 11 Per-
sonen bestand und keine von überflüssigem Vermögen, so war der
gute Mann damit zufrieden, bis die Reise von über 60 Meilen ihm
zu beschwerlich fiel, und er daber eine andere vocation annahm.''
"Nachdem der Herr Bager die Gemeinde verlassen, ward
selbige am 9ten Julii des 1758sten Jahres dem Ehrw. Herrn Johan
Caspar Kirchner übergeben, welcher sich hinlänglich legitimirt
wegen seines guten Charakters, sowie dass er bereits in Teutsch-
land als ordinirter Prediger einer Gemeinde vorgestanden. Er
verpflichtete sich, alle 6 Wochen einmal, gleichfalls von Pensil-
vanien, allwo er verschiedene kleine Gemeinden bediente, herunter
zu kommen, wovor die Gem. ihm 6 Pfund Pensilvanier Geldt vor
die Zeit von 9 Monaten versprach."
---    ---    ---    ---   ---    ---
"Beide Gemeinden, die Lutherische und Reformirte, waren
darauf bedacht, wie sie eine eigene Kirche errichten möchten;
aber einzeln zu schwach an Mitgliedern, hielten sie eine Zu-
sammenkunft, ein so wichtiges Werk gemeinschaftlich zu be-
rathen. Die Eintracht, welche bis dato unter Beiden so löblich
unterhalten worden, machte uns gute Hoffnung, dass Beide mit
vereinigter Hand zu wege bringen könnten, was ihnen einzeln zu
schwer war. In diesem Concilio wurde dann einstimmig be-
schlossen.:
1.
Dass ein Stück Land zu einer Kirche und einem Gottes-
acker gemeinschaftlich angekauft werde.
2.
Dass Beide eine gemeinschaftliche Kirche bauen wollen.
3.
Dass, so lange noch kein bleibender Prediger gefunden
sei, Einer, so wie sich Gelegenheit biete, ohne Unterschied der
Religion (Confession) soll angenommen werden.
4.
Sollte es dahin gedeihen, dass von beiden Seiten in der
Stadt wohnende Prediger angenommen werden, die alle Sonntag
Gottesdienst verrichteten, so soll der Eine des Vormittags, der
Andere des Nachmittags predigen und auf solche Art alle Sonn-
tage umwechseln.
5.
Sollten aber die Gemeinden beide so stark anwachsen,
dass die Kirche zu klein würde, so sollten sich beide dahin ver-
tragen, dass eine andere Kirche nebst Gottesacker erworben werde,
und sollte die Gemeinde, welche die erst erbaute Kirche im Besitz
behielt, der andern so viel zurückgeben, als sie zur Erbauung der
Kirche und andern Anschaffungen beigetragen.
--   6l   --
Diese Beschlüsse wurden von beiden Seiten angenommen und
dann vorgeschlagen: ein Stück bergiges Land, nahe der alten
Brücke gelegen und dem Kaufmann Alex. Lawson gehörig, an-
zukaufen. —
Demzufolge wurden 4 Männer, S von der Lutheri-
schen und 2 Ton der Keformirten Seite, deputirt, um mit Herrn
Lawson einen Accord zu sehliessen, nämlich Lutherischer Seits
der Herr Moritz "Wörschler, Schulmeister, und der Mstr. "Wilhelm
Hackel, Silberschmied; Reformirter Seists Mstr. Lerch, Gast-
wirth, und Mstr. Conrad Schmitt, Maurer."
Leider scheint mit diesem Unternehmen das bisher zwischen
beiden Parteien bestandene friedliche Verhaltniss sein Ende er-
reicht zu haben. Es wird von den Lutheranern Klage geführt
über das hinterlistige Verfahren der reformirten Abgeordneten,
besonders des Mstr. Schmitt, der, weil er für Hrn. Lawson arbeitete
und Einfluss auf ihn zu haben glaubte, es im Namen der Ändern
übernahm, "die Sache bei Mr. Lawson anzubringen und denselben
zu einem guteu Accord zu disponiren." Statt dessen gab Herr
Schmitt nach einiger Zeit den Bescheid, dass Mr. Lawson den
Reformirtea das Land verkaufen, den Lutheranern aber keinen
Theil daran geben wolle. Die Wahrheit dieser Behauptung wurde
von. den Letzteren ohne Weiteres in Zweifel gestellt. "Wir wuss-
ten, dass Mr. Lawson das Land verkaufen wollte, und konnten
nicht einsehen, warum er Lutherisch Geld nicht eben so willig
annehmen sollte, als Reformirtes." Die Verstimmung wurde er-
höht, als Meister Schmitt zu seiner Rechtfertigung erklärte: er
sei der Meinung, dass die Vereinigung Anlass zum Streit geben
werde. "Allerdings," setzt der Berichterstatter hinzu, "geht der
Zwiespalt aus der Eintracht hervor, aber nur, wenn böser Wille
ihn herbeiführt Aber wir beschlossen, dieses mal nach der Liebe
zu nrtheilen, das lieblose Verhalten einer oder zweier Personen
nicht einer ganzen Gemeinde zuzuschreiben und den Erfolg ab-
zuwarten.“
Das Unternehmen blieb fürs erste erfolglos; die Verstim-
mung aber wuchs auf Veranlassung eines abermaligen Versuches
zur Erwerbung eines Stückes Kirchenland. Es traf sich, "dass
der reformirte Prediger, Herr Loeschie, den Herrn Richard Croxal
für ein Stück Land auf dem Berge anging, um eine teutsche
Kirche darauf zu bauen. Und wirklich war derselbe sogleich so
genereuse, das Land ohne Weiteres zu diesem Zwecke zu schenken.
Und wiederum offenbarte sich der Schalk, indem die Herrn Re-
—    62   —
formirten rundaus erklärten, nur ihnen sei das Land geschenkt
worden, dieweil sie davor gefragt hätten, und wollten weiters von
keiner Vereinigung wissen. Wir treuberzigen Lutheraner muss-
ten abermals mit langer Nase abziehen."
"Aber da waren einige unserer hitzigen Köpfe in Eifer ge-
bracht worden, besonders der Mstr. Jacob Rock. Der nahm
seinen Massstab und spatzirte hinaus nach der Eisenschmelze,
zwei Meilen von hier, wo Herr Croxal wohnte, und fragte den-
selben, ob er das Land denen Reformirten allein geschenkt, und
benachrichtigte ihn mit dem Zustand der Sache, und wie die
Lutheraner gänzlich ausgeschlossen würden. Worauf Hr. Croxal
antwortete, dass er das Land den teutschen Einwohnern über-
haupt geschenkt, indem er nicht anders gewusst, als dass alle ins-
gesammt von einer Religion wären. Da aber die Sache so ge-
staltet war, so wollte er uns Lutheranern die Hälfte des Werthes
dieses Landes zukommen lassen, und bezahlte nachgehends wirk-
lich 7 Pfund als die Hälfte der Lot, sobald wir unser eigenes
Land kauften."
"Obgleich nun Mstr. Hock uns einen guten Dienst erwiesen,
so konnten wir doch den heiligen Eifer unseres Mitbruders nicht
in allen Stücken billigen, indem er dem Herrn Croxal, von dem
er wusste, dass er der Catholischen Religion zugethan war, ver-
sicherte, dass die Reformirten im Heidelberger Cathechismo die
Catholiken vor Abgöttische (Idolaters) erklärten, und dass er
selbst damit eingeschlossen sei. Mstr. Rock, welcher die Absicht
hatte, die Reformirten gehässig zu machen, wusste nicht, dass
der Catholische Mr. Croxal ein vernünftiger Mann war, zum
klaren Beweise, dass viele Menschen nicht so böse sind, wie sie
oft abgemalt werden. "Wir konnten diese hitzigen Ausdrücke
nicht billigen, aber auch nicht das Verhalten der Reformirten.
Als sie ihr Land bekommen und hörten, wie wir uns bei Herrn
Cr. beklagten, schlugen sie uns vor, dass noch eine Lot an die
ihrige anstiess, welche wir kaufen könnten, und so wären wir
einigermassen vereinigt; jedoch sollten wir unser Theil von dem
ihrigen mit einem Zaun absondern. Dieser Vorschlag war uns
zu spitzig, und wir konnten in unserer Einfalt nicht begreifen,
wie dies einer Vereinigung sollte ähnlich sein. Und damit hatte
der ganze Vereinigungs-Plan seine Endschaft."
"Wir gedachten nunmehr unsere eigene Kräfte zu probiren,
und ein Stück Land vor eine Kirche und Gottesacker zu kaufen.
—    63   —
Aber wir wollten dieses mal keine andere Unterhändler als unsere
eigenen, und somit wurden die Herren Moritz Wörschler, Schul-
meister, Wilh. Hackel, Silberschmied, Caspar Grasmuck, Michael
Tieffenbach und Carl Friedr. Wiesenthal, Medicinae Practicus,
erwählt, Herrn Lawson um das Stück Land zu fragen, das im
Anfang des Vereinigungs-Plans vorgeschlagen war. Auf die
Frage, ob er das Land den Lutheranern verkaufen wolle, war er
sogleich dazu bereit. Auf die Frage, warum er uns vormals jeden
Antheil daran verweigerte, war er voller Verwunderung, und er-
klärte, dass daran kein wahres Wort sei; und so wurde das alte
Sprichwort wahr gemacht: Wo man zum Gottesdienst eine Kirche
erbauen will, da bauet der Teufel eine Kapelle daneben." —
Ein
hartes Wort, das wohl dahin modifizirt werden sollte: wenn
Hader und Neid die Baumeister sind.
"Das Stück Land, welches wir zum Kirchenplatz begehrten,
war der hintere Theil von 5 Lotten, die Herr Lawson nicht zer-
theilen wollte; wir mussten uns dahero gefallen lassen, das Ganze
zu nehmen und wurden des Handels einig vor 300 Pfund Mary-
landisch Geld. Das Land theilten wir nunmehro in 6 Theile,
indem wir ein Stück davon als Kirchenland abnahmen und die
5 ändern Theile nach dem ausgelegten Stadtplan an folgende
Gemeinds-Glieder käuflich überliessen:
Carl F. Wiesenthal, Lot No. 119 vor.....................
£75
Conrad Conrad,
"       120  " ......................
   81
Caspar Grasmuck,       "       121   " .....................
  38
Wilhelm Hackel,
"       122   " ......................   38
Moritz Wörschler,        "       123   "
.....................   38
Also kostete das Kirchenland nur.........................
  
30
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£300
"Dieser Plan wurde von Herrn Lawson genehmigt und dar-
auf durch obbesagte Männer benebst dem Mstr. Michael Tieffen-
bach als Kirchenvorsteher, sowie dem Mstr. Hartweg und dem
Mstr. Daniel Barnitz als Gemeinde-Glieder mit Herrn Lawson
der Accord getroffen. Herr Lawson versprach, einem Jeden einen
eigenen Kaufbrief zu geben, sobald die Kaufsumme bezahlt sei,
bei dem Kirchenlande aber hielt er sich aus, dass ihm die Ge-
meinde ein Familien-Gewölbe bauen solle, wozu er wollte 36
Pfund Maryl. Geld hergeben."
—    64   —
"Obgleich, nach obiger Eintheilung das Kirchenland sehr
wohlfeil war, so
mussten wir doch, weil unsere Anzahl noch ge-
ringe und unsere Einkünfte sehr mittelmässig waren, uns klüg-
licher Weise nach der Decke strecken und beschlossen vors erste,
nur ein hölzernes Gebäude zu errichten, welches wir vors erste
als ein Schulhaus ansahen, bis unsere Einkünfte es zuliessen,
eine ordentliche Kirche daselbst zu bauen. Das geschah im
Jahr 1762."
"Das Familien-Gewölbe auf dem Kirchenlande wurde ange-
fangen, aber Herr Lawson starb, ehe es fertig war, und wurde 13
Meilen von hier an einer Furnace, wo er ehedem gewohnt, in
einem alten Familien-Gewölbe beigesetzt. Sein Sohn und Erbe
nahm die Sachen in die Hände und besorgte jedem Käufer
der Lotten seinen Kaufbrief; das Kirchenland aber blieb noch
auf Interessen, weil wir das Ganze abzutragen noch zu schwach
waren. Doch bestrebte die kleine Anzahl sich mit Eifer, dass
alle Sachen zum Bau der Kirche gehörig angeschafft wurden und
wir in kurzer Zeit denselben auch zu stande brachten. Wir be-
kamen daher eine eigene Kirche, ohne uns weiter den Chicanen
auszusetzen, die uns so beschwerlich gewesen."
"Unser Herr Pastor Kirchner, der uns bisher bedient, bekam
einen Ruf nach Pensilvanien, wo er seine äusserlichen Umstände
einigermassen verbessern konnte, und da die Entfernung von dort
zu gross war, um unsere Gemeinde zu besorgen, so mussten wir
die Gem. dem Herrn Pfarrer Bager übergeben, obwohl er bereits
bei Jahren und der Kirchendienst ihm sehr schwer fiel."
"Wir bekamen aber auch dann und wann einen Besuch von
reisenden Predigern, besonders von einem, welcher während des
Krieges bei der Armee als Feldprediger gestanden unter dem Ge-
neral Armherst. Er ist ein Mann von guten Wissenschaften und
allem Ansehen nach eines exemplarischen Wandels. Dieser Pre-
diger, mit Namen Hartweg, blieb eine kurze Zeit bei uns und
predigte zu Jedermanns Approbation. Er liebte aber eine reisende
Lebensart und wollte nie lange bei einer Gemeinde bleiben, son-
dern sagte rund heraus, so lange als er sähe, dass er Nutzen
schaffen könnte, wolle er bleiben, aber nicht durch einigen Accord
gebunden sein wider Willen und Ueberzeugung. Er kam ver-
schiedenemal hierher, blieb einige Wochen, auch Monate bei uns,
ging aber mehrentheils nach Virginien zurück, allwo er bei dem
Lord Fairfax wohl angesehen war und sich aufhielt."
—    65   —
"Der Platz, auf dem wir unser Kirchlein erbaut haben, ist
ein Hügel, welcher sehr steil mit einem mal aufsteigt und etwas
unbequem ist für alte Leute. Aber auch dies Kirchlein hat uns
viel Mühe und Arbeit gekostet. Tantae molis erat hanc ligneam
condere domum."
Der Annalist hat sein Latein nicht vergessen. Er denkt
nicht bloss an die Erbauung der Stadt Rom und den Virgilischen
Ausruf: "Tantae molis erat Romanam condere Urbem" er denkt
auch an den Salomonischen Prachtbau auf Moriah, und meint,
wenn auch das jetzige Kirchlein ganz und gar nicht mit dem
Tempel Salomonis zu vergleichen sei, es dermaleinst ein schönes
Ansehen geben müsse, sollte einmal eine Kirche mit einem Thurme
auf dieser Höhe erbaut werden.
"Wir bekamen auch verschiedene Besuche von einem andern
Prediger, Herrn F. Hornel, einem Schweden von Geburt. Er
hatte ehedem der schwedischen Gemeinde vorgestanden, nunmehr
aber der teutschen Gemeinde in York Town, allwo sie mit ihm
missvergnügt waren, denn er sprach nicht rein deutsch, waren
daher seine Predigten nicht sehr angenehm und verständlich.
Uebrigens war er ein sehr harter Lutheraner nach jedem Punkt
der augspurgischen Confession."
"Zwischen 1763 und 64 hielt sich der Herr P. Hartwig den
ganzen Winter bei uns auf, und zeigte uns unter anderm, dass er
auch in der englischen Sprache wohl versirt wäre, indem er
einige male englisch predigte, hatte auch viele englische Zuhörer,
aber man konnte gleich merken, dass er ein Teutscher war, und
so gut er es auch zu machen suchte, so war doch das Shibboleth
vorhanden."
"Im Jahre 1765 kam Herr Pastor Kirchner wieder von Pensil-
vanien zurück und kaufte sich in den Barrens ein Stück Land,
nahm unsere Gemeinde wieder unter seine Aufsicht und entschloss
sich dann, gänzlich bei uns zu bleiben. Wir willigten ein, und
da er nunmehr alle Sonntage predigte, machten wir ihm ein Sa-
larium aus von £50 jährlich, gewisslich wenig genug vor einen
Seelsorger, der oft sein Brod in Sorgen ass. Er war arm, was ihn
schüchtern machte; er war aber durchaus redlich und verrichtete
sein Amt mit Würde und ungeheuchelt, wie es einem Prediger
zukommt. Und obwohl arm, war er doch sehr strict in der Be-
obachtung seiner Pflicht und bestrafte ohne Scheu die Laster, die
—    66   —
ihm zu wissen kamen, was ihm, statt Feinde zu machen, ein be-
sonderes Ansehen gab bei denen, welche von seiner Redlichkeit
überzeugt waren."
"Wir hatten nunmehro eine Kirche und einen eigenen Pre-
diger, es war also nöthig, auch eine gehörig organisirte Gemeinde
herzustellen. Wir hatten zwar bis dato alle Sachen sehr ordent-
lich verrichtet, die mehresten Arbeiten durch den Mstr. Wörsch-
ler, dem wir wegen des Kirchenbaues ein paar Aelteste und Vor-
steher zugefüget."
"Der Herr Past. Kirchner urtheilte es nun nöthig zu sein,
dass wir bestimmte Regeln abfassten und eine gehörige Kirchen-
ordnung einführten. Diese Kirchenordnung in fünfzehn Artikeln
hat er selbst am Ende dieses Buches eingetragen und ist dieselbe
von der ganzen Gemeinde eigenhändig unterschrieben."
Aus diesen Unterschriften ergibt sich, dass die Gemeinde da-
mals 35 Mitglieder zählte, wie folgt:
Carl Wiesenthal
Georg E. Lindenberger
Christian Diel
Wilhelm Hackel
Wilh. Löble
Johannes Schrimm
Philipp Littig
Andreas Rothaug
Heinrich Blechroth
Johannes Hahn
Friedrich Kohl
Mich. Eltrerbach
Johannes Schrand
Wilhelm Rauch
Peter Strinbock
Friedrich Kirst
Jacob Brown
Sam. M. Dent
Tobias Renner
Joseph Miller
Johannes Breitenbach
Engelhardt Jaiser
Peter Trombohr
Jörg Fass
Nicolaus Heimer
Mathäs Brechtle
Joh. Georg Herrmannn
Wilhelm Schwarz
Johannes Hermann
Feydel Rock
Ludwig Werdenberger
Moritz Wörschler
Samuel Messer Smith
Johannes Fürst
Jörg- Löble.
Die Verfassung ist datirt vom 10ten Juni 1769, führt den
Titel: "Kirchen - Verfassung vor die Evangelisch-Lutherische Ge-
meinde in Baltimoretown" und gibt in 15 Artikeln Bestimmungen
über Zweck der Gemeinde, Pflichten der Mitglieder, der Beamten,
des Predigers, über Erwählung, Dienstzeit und Charakter der Be-
amten, über Erhaltung der Eintracht und Wiederherstellung des
Friedens bei Zwistigkeiten, über Kirchengeld und Beerdigungs-
kosten, über die Führung der Kirchenregister, über die Rechte
der Mitglieder, Verlust derselben und Aehnliches. Die ersten
Aeltesten, welche nach dieser Verfassung gewählt wurden, waren
Geo. Lindenberger, Dr. C. W. Wiesenthal, Joh. Schrimm, Wm.
Hackel, Wm. Loeble und Moritz Wörschler, und die ersten Vor-
steher Jacoh Brown und Friedrich Kohl.
—    67    —
"Bereits zu dieser Zeit war es unsere ernstliche Neigung,
unser Schulwesen nachgerade auf einen guten Fuss zu bringen.
Es bleibt eine unumstössliche Wahrheit, dass eine gute Schul-
erziehung den Grund leget zu unserm künftigen Glück. Die
Gemüther der Kinder werden dadurch zur Tugend und Gelehr-
samkeit angeführt, welches sie geschickt macht, sich und der Welt
nützlich zu sein. Aber wir waren noch zu jung für ein solches
Unternehmen, indem es Menschen von Einsicht erfordert, die
Wichtigkeit desselben zu erkennen, und welche überzeugt sind,
dass dasjenige Geld, welches darauf verwendet wird, unendlichen
Nutzen bringet Weil nun die Umstände der meisten unserer
Gemeindeglieder zu beschränkt waren, um davon viel zu ersparen,
so brachte uns das auf ein Project, nämlich eine Lotterie zu for-
miren, und da wir lange davon redeten, so ward durch den Mstr.
Wörschler ein Plan entworfen. Wie aber Alles in der Welt, auch
unsere besten Absichten, der Vereitelung unterworfen sind, so
wurde auch diese, ehe wir sie in's Werk setzen konnten, vernichtet.
Der Mstr. Wörschler kam in Gesellschaft mit Einigen der Re-
formirten Gemeinde, denen er den Plan zeigte, und liess sich
überreden, vor eine Linsensuppe ihnen solchen zukommen zu
lassen. Die verloren, keine Stunde, solchen in's Werk au stellen,
und waren so glücklich, eine beträchtliche Summe zu ihrem
Kirchenwesen damit zu gewinnen. Für uns war es nun zu spät,
wir mussten es also mit trockenem Munde ansehen und den
Schaden verschmerzen."
---    ---    ---    ---   ---    ---
"Endlich brachte die Gemeinde so viel Geld zusammen, dass
sie das Kirchenland nebst Interessen bezahlen konnte, und wur-
den die Herren Geo. Lindenberger, C. Wiesenthal, M. Wörschler,
Joh. Schrimm, Wm. Hackel, Wm. Loeble und Jacob Eichelberger
ernannt, diese Sache auf sich zu nehmen und in Ordnung zu
bringen. Herr Lindenberger übernahm die Einforderung der
unterschriebenen Gelder, Herr Wiesenthal die Ausfertigung des
Kaufbriefs." — Mai 1771.
In diesen Kaufbrief wurden einige Bestimmungen auf-
genommen, welche grosse Unzufriedenheit erregten, und für
längere Zeit den Frieden in der Gemeinde störten. Es war
namentlich die Klausel, die in dem Kaufbrief lautet wie folgt:
Whereas it may happen that the children of the members of the
—   68   —
said Congregation will in process of time become more perfect in
the English tongue than in the German language, it is hereby
covenanted and agreed, that whenever the majority of those mem-
bers of said Congregation may deem it necessary, they may at
any time introduce the English language in preaching, &c., still
admitting the German tongue to be preached to those who do not
understand the English.
Diese Klausel, ohne Zweifel von Dr. Wiesenthal veranlasst,
erregte, wenn auch von Herrn Lindenberger genehmigt, den
entschiedensten Widerspruch bei Andern, an ihrer Spitze Mstr.
Wörschler, welche erklärten, "dass es eine teutsche Kirche
sei und bleiben solle." Die Rechtfertigung des Dr. W., "dass
unsere Kinder der Erfahrung gemäss das Englische leichter lern-
ten und besser verständen als das Deutsche, dass die Kirche um
der Religion willen erbaut sei, dass die Fortpflanzung unserer
Religion auf unsere Kinder und Nachkommen die Hauptaufgabe
der Gemeinde ausmache, dass unter dem Vorwand, 'dies sei eine
d e u t s ch e Kirche,' der Fall eintreten könne, dass unsere
Kinder und Nachkommen, die zu ihrer Erbauung der englischen
Sprache bedürften, keine Befriedigung finden könnten, so lange
noch 10 Deutche zur Gemeinde gehörten und Widerspruch ein-
legten und dgl.", fand unter den Gegnern keinen Anklang. Man
hielt an der Beschuldigung fest, die beiden Herren wollten die
deutsche Sprache aus der Kirche verdrängen, man wies auf Bei-
spiele hin, welche dem Verdacht zur Bestätigung dienten, auf
deutsche Kirchen in Philadelphia, Lancaster, Yorktown, welche
man in englische verwandelt, kurz, man brachte die beiden
Herren so weit, dass sie ihr Amt als Aelteste der Gemeinde nieder
zu legen beschlossen.
Mittlerweile trat eine neue Verlegenheit an die Gemeinde
heran. "Da der Mstr. Harrison den Kirchenberg meistens abge-
graben hatte, auch die Kirche selbst anfing baufällig zu werden,
so kamen die mehresten Gemeindsglieder zusammen, und fanden
es rathsam, das alte Gebäude niederzureissen, das Zimmerholz zu
verkaufen, und ein backsteinernes Schulhaus aufzubauen, welches
so lange als Kirche gebraucht werden könnte, bis der Anwachs
der Gemeinde es erforderte, eine ordentliche Kirche zu erbauen.
Ehe wir aber einen Anfang zum Bau machen konnten, hielten
wir es für nöthig, gute Ordnung und Regiment unter uns herzu-
—   69   —
stellen, zu wissen, welche Gemeindsglieder seien und nach dem
Kaufbrief Stimme haben, ihre Beiträge entrichten und Ordnung
halten."
"Es wurde darum beschlossen, dass die sieben Männer,
welchen das Kirchenland in "Trust" ist übermacht worden (fol-
gen die Namen, wie oben) nebst den zwei Vorstehern die alte
Kirchenordnung revidiren und verbessern und dahin sehen soll-
ten, dass dieselbe gehandthabt werde, nachdem sie von den Ge-
meindsgliedern durch Unterschrift genehmigt worden."
"Und um dem obbemeldeten Streit eine Endschaft zu machen,
haben wir unterschriebene Aelteste und Vorsteher der Gemeinde
pflichtgemäss die Sache völlig erkundigt, und finden nicht die
geringste Ursache, die Herren Geo. Lindenberger und C. Wiesen-
thal mit obigen Beschuldigungen zu beladen, sondern sprechen
selbige nach unserm Gewissen hievon völlig frei."
JOHANNES SCHRIMM,
WILHELM HECKEL,
WILHELM LÖBLE,
FRIEDEICH KOHL,
JACOB BROWN,
Am 33. Mertz 1772.
---    ---    ---    ---   ---    ---
Hier tritt in dem Bericht eine Unterbrechung ein. Es wird
nicht gemeldet, wann das neue backsteinerne Haus in Angriff
genommen, noch wann es vollendet, noch wo es errichtet worden
ist. Es lässt sich indess mit ziemlicher Gewissheit annehmen,
dass der Bau noch während des Pastorats des Herrn Kirchner
zustande kam, und zwar an einer Stelle, die hinreichend bekannt
und auf dem beigefügten Plane verzeichnet ist. Das Häuschen
stand an der Südseite der Fishstr., zwischen Bridge-, jetzt Gay-,
und Back-, jetzt Hollidaystr., und nahm einen Theil des Raumes
ein, auf welchem die heutige Negerkirche steht.
Pastor Kirchner starb im Jahre 1773, ein würdiger Mann,
dessen Hingang von der Gemeinde allgemein bedauert wurde.
Noch in demselben Jahre wurde Pastor Johann Siegfr. Gerock
zu seinem Nachfolger erwählt, und bald nach seinem Amtsantritt
die verbesserte Kirchenordnung promulgirt und von 147 Mitglie-
dern unterschrieben. Diese neue "Kirchen-Ordnung für die
Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Baltimore Town, Md.,"
Aelteste.
Vorsteher.
—    70   —
de dato 5. August 1773, enthält wesentlich nichts Neues; sie
gibt nähere Bestimmungen und Verschärfungen zu den bestehen-
den Verordnungen und Verpflichtungen und ist ganz besonders
auf Erhaltung des Friedens in der Gemeinde und gütliche Besei-
tigung vorkommender Missverständnisse bedacht. Die Namen
der Unterzeichneten sind:
Carl Fr. Wiesenthal
Wilhelm Löble
Moritz Wörschler
Georg Lindenberger
Johannes Schrimm
Jacob Braun
Jacob Eichelberger
Lorens Steller
Vitus Hartweg
Carl Gertz
Joseph Miller
John Thile
Gabriel Liwyn
Jörg Löble
Georg Gärtner
Joh. Leonhardt Jacobj
Christian Frölich
Johannes Delcher
Philipp Grace
Carl August Kirst
Carl Gottlob Schwartz
Hans Georg Dietman
Heinrich Augustin
Valdin Schneider
Jacob Schneider
Joh. Wilhelm Rauch
Joh. Friedrich Kies
Adam Rohrbach
Michel Hättinger
Joh. Christoph Grundig
Johannes Machenheimer
Peter Machenheimer
Christoph Wunder
Johannes Paul
Philipp Bernhard
Mich. Elterbach
Daniel Barniz
Georg Thoel
Michel Schreyack
Christoph Raborg
Daniel Bender
Adam Gantz
Leonhard Karg 
Peter Frick
Philipp Wohner
Friedrich Wille
Andreas Hertzog
Johannes Bock
Adam Kremmer
Johannes Beitenbach
Michael Krosh
Adam Bross
Michel Hättinger
Gottfried Kohl
Nicholas Haller
G. Th. Walckersdörfer
Friedrich Alter
Christian Pauly
Wilhelm Clauer
Heinrich Ziegler
Peter Schmidt
Mathias Rauch
Jacob Mayer
Georg Frank
Georg Reinicker
Peter Littig
Johannes Haan
Matthäus Müller
Michael Krebs
Christi Bachmann
Georg Reisinger
Henry Doyel
Adam Clackner
Philipp Doyel
Andreas Eckel
Jacob Neumann
Georg Leitner
Theobald Klein
Jacob Nusser
Martin Bandel
Dewalt Kremer
Georg Dowig
Martin Sommer
Heinrich Schultze
Martin Breitenbach
George Cole
Heinrich Tuchhardt
Andreas Erppolt
John Cole
Abram Franck
Andreas Schättli
Michael Schorr
Conrad Bauer
Adam Breitemäler
Johann Alter
Johann Rock
Joh. Görg Eberhard
Joh. Georg Nieppert
Leonhard Tassler
Andreas Knauer
Johannes Beck
Philipp Harman
Wilhelm Bauer
Heinrich Zimmerman
Michael Nüchterlein
Martin Bauer
Jacob Grünwald
Friedrich Höflich
Friedrich Klein
Johannes Staub
Solomon Heims
Jacob Block
Christian Meyers
William Choplow
Henry Wineman
George Levely
Samuel Mayer
—   71   —
Ludwig Stotz
Jerg Reichli
Jeremias Ehne
William Rehberg
Thomas Tool
Johannes Schwinsiger
Johannes Lauer
Bory Jenta
Johann Reiff
Jacob Dieter
Charles Snyder.
Für eine Reihe von Jahren fehlen alle Nachrichten über den
weiteren Entwickelungsgang der Gemeinde. Nur soviel erhellt
aus Nebenumständen, dass das kleine Haus an der Fischstrasse,
nach 12 Jahren den Bedürfnissen der rasch anwachsenden Ge-
meinde nicht mehr genügte. Es wurde darum ein Anbau an
das alte Gebäude beschlossen und ausgeführt, und dadurch der
für kirchliche Zwecke nöthige Raum um mehr als doppelt ver-
grössert. Ich erinnere mich noch recht wohl des schmucklosen
Gebäudes, an welchem die Hinterwand das dem Alten hinzuge-
fügte Stück sehr wohl erkennen liess. Auch die Orgel, für die
Kirche in der Fischstrasse erbaut, und später nach der neuen
Kirche in der Gaystrasse versetzt, aber im Jahre 1840 durch
Feuer zerstört, ist mir noch in lebendiger Erinnerung.
Als im Jahre 1785 die Kirche in der Fischstrasse eingeweiht
wurde, traf es sich, dass ein junger Prediger, Past. J. Daniel
Kurtz, sich besuchsweise in Baltimore Town befand. Eine Pre-
digt, die er bei dieser Gelegenheit hielt, hatte die Folge, dass er
noch in demselben Jahre zum zweiten Prediger und Gehilfen des
Past. Gerock erwählt wurde, der wegen Altersswäche des Bei-
standes bedürftig war.
Im April 1787 wurde bei Gelegenheit der Aeltesten- und
Vorsteherwahl eine Art von Versöhnungsfest in der Gemeinde
gefeiert. Missverständnisse, deren Ursprung und Wesen nur un-
bestimmt angedentet wird, hatten abermals den Frieden gestört,
und wie es scheint, auch die beiden Prediger in ihr Netz ver-
flochten. Es wurde darum ein „Solenner Tractat" zur Versöh-
nung und zur Wahrung der Eintracht und des Friedens am
3. April 1787 von den beiden Predigern Johann Siegfried Gerock
und J. Daniel Kurtz und im Namen der Gemeinde von Carl
Wiesenthal und Peter Frick unterzeichnet. Die Namen der bei
Henry Harshman
Henry Gantz
Michael Ernst
Andrew Block
R. Dunn
Andreas Hoffman
Friedrich Shaffer
Joh. Martin Bandell
James Davidson
Johannes Schronck
Johannes Küffer
John J. Myer
Heinrich Sinmund
Engelhard Yaiser
Johannes Leypold
Franz Friedrich Betz
Erasmus Uhler
John Tinges
—   72   —
dieser Gelegenheit erwählten Mitglieder des Kirchenvorstandes
sind: Carl Wiesenthal, John Tinges, Jacob Brown, Peter Littig,
Heinrich Gantz, Johann Breitenbach als Aelteste und C. Mayer
und Georg Löble als Vorsteher.
Im Spätsommer des Jahres 1787 starb Past. Gerock und
wurde auf dem mit No. 119 bezeichneten Stück des von Alex.
Lawson gekauften Landes, südlich von der jetzigen Zionskirche
beerdigt, wo noch eine Marmorplatte sein Andenken bewahrt.
Eine andere Marmorplatte zur Seite derselben deckt das Grab
des Past. Nikolaus Kurtz, Vaters von J. Daniel Kurtz, gestorben
im Jahre 1794.
Noch Past. Gerocks Tod war Past. Daniel Kurtz für eine
Reihe von 36 Jahren alleiniger Prediger der Gemeinde. Da un-
terdessen die Zahl der Mitglieder sich stetig vermehrte und der
bisherige Kirchenraum nicht mehr ausreichte, so kam allmälig
der Plan zur Erbauung einer neuen Kirche zur Reife. Am
15. Sept. 1806 erging darum an die Gemeinde ein Aufruf zur
Steuer von Beiträgen für diesen Zweck. Der Erfolg war die
Zahl von 265 Namen, welche die Summe von $12,559.60, zahlbar
in 4 Terminen unterzeichneten. Die Namen sind in mehrfacher
Beziehung interessant und bewahren die Erinnerung an Männer,
welche in jenen Tagen, oder deren Nachkommen, welche noch
heute eine anerkannte Stellung in der Gesellschaft einnehmen.
Der Bau der Kirche wurde unternommen auf dem mit
No. 119 bezeichneten Grundstück und im Herbst des Jahres 1808
vollendet. Die Kosten mit Einschluss des Grundes betrugen
$36,750.69. Die Dimensionen der Kirche sind 99 Fuss Länge,
75 Fuss Breite. Nach dem Brande im April 1840, der nichts als
die Mauern übrig liess, erhielt die wiederhergestellte Kirche im
Innern eine von der früheren verschiedene Einrichtung. Aber
Grund und Fundament sind dieselben geblieben, und so mag die
Kirche noch im Laufe dieses Jahres ihr 80. Geburtsfest feiern,
nachdem ein paar Monate früher der Schreiber dieser Zeilen ein
Aehnliches gethan.
Hier endet meine Aufgabe. Der Annalist hat mich ver-
lassen; vor mir sind leere Blätter, und in dem langen Zeitraum
von 1808 bis 1835 herrscht theils Oede, theils Wirrsal, daraus
keine verlässliche, zur Mittheilung brauchbare Kunde geschöpft
werden kann.
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Um indess einigermassen mit der Vergangenheit abzu-
schliessen, mag ich erwähnen, dass im Jahre 1823 Pastor Johann
Uhlhorn als 2. Prediger der Gemeinde neben Pastor D. Kurtz
erwählt wurde, dass Pastor Kurtz im Jahre 1833 sein Amt nie-
derlegte, nachdem er dasselbe für die Dauer von 46 Jahren ver-
waltet hatte; dass Pastor Uhlhorn, nun alleiniger Prediger der
Zionsgemeinde, im Jahre 1834 starb, und mittlerweile bis zum
September 1835 die Predigerstelle von den Pastoren Domeier und
Haesbaert vertreten wurde. Im September 1835 hat mich die
Zionsgemeinde zu ihrem Prediger erwählt, und ich nenne es eine
Gnade, dass mir vergönnt ist, bis auf diese Stunde in ihrer Mitte
zu weilen.