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Als Deutsche in Venezuela
regierten.
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Von
Ver. Staaten Distriktsrichter OTTO SCHOENRICH,
Arecibo, Porto Rico.
Correspondirendes Mitglied des Vereins.
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Als Deutsche in Venezuela regierten.
Wie vielen derjenigen, die jüngst mit Spannung Deutsch-
lands Vorrücken gegen Venezuela verfolgten und dabei die
Sehnsucht des deutschen Adlers nach Kolonien in Amerika
beobachteten, dürfte es wohl bekannt sein, dass ganz Venezuela
einst Eigentum von Deutschen war und von deutschen Bürgern
regiert wurde? Wie viele dürften wohl wissen, dass die von
tapferen Deutschen angeführte Entdeckungsreisen in Venezuela
und Columbia zu den verwegensten Eroberungszügen gezählt
werden können, die in der neuen Welt stattgefunden haben?
Dieser Teil der Weltgeschichte, wie andere Teile derselben,
welche deutsche Thätigkeit in Amerika betreffen, ist nicht so
bekannt, wie es seine Wichtigkeit fordert, und ein Beweis da-
von ist die Thatsache, dass unter den zahllosen Artikeln, die
in den Vereinigten Staaten und jenseits des Meeres damals
durch die Venezuela Geschichte hervorgerufen wurden, nur
wenige Erwähnungen dieser Sache enthielten.
Diese Kolonisation Venezuelas durch Deutsche fand vor
vierhundert Jahren statt und es ist bemerkenswert, dass sie
nicht ein nationales sondern ein Privatunternehmen war und
von einem im Innern des Landes gelegenen Kaufhaus geplant
und ausgeführt wurde. Es war dies das in Augsburg etablirte
Haus der berühmten Familie Welser, welche mit der nicht
weniger berühmten Familie Fugger die Vanderbilts und Pierpont
Morgans ihres Zeitalters repräsentieren. Beide Familien hatten
mit ihrem Gelde und Einfluss beigetragen, dass König Karl
von Spanien, statt dem König Franz von Frankreich, als deut-
scher Kaiser erwählt wurde. Später halfen sie oft dem geld-
bedürftigen Karl mit grossen Geldanleihen aus, und ihr Ein-
fluss in Deutschland und Spanien wurde so immer mächtiger.
Infolgedessen erwarben sie vom Kaiser viele Auszeichnungen
und wertvolle Rechte. Die Familie Fugger erlangte so die
weltberühmten Zinnoberminen von Almaden in Spanien, welche
sie mehr als ein Jahrhundert ausbeutete, die Silberminen von
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Guadalcanal, und das Recht, einen grossen Teil der Steuern
Spaniens einzukassieren. Die Welser jedoch beschränkten sich
nicht auf die alte, sondern warfen ihre Blicke auch hinüber
nach der neuen Welt.
Es war dies das Zeitalter der grossen Entdeckungs- und
Kolonisationsreisen und die Kunde der Eroberungen in Mexiko
und Mittelamerika war rasch durch Europa gedrungen. Es
ist anzunehmen, dass eine Andeutung seiner Auftraggeber, den
unternehmungsvollen Ambrosius Ehinger, den Agenten der
Welser in Madrid, veranlasste, im Jahre 1527 die Erlaubnis zu
erwerben, eine Handelsfahrt von Spanien nach Santo Domingo
zu machen. Nach Europa zurückgekehrt, machte er einen
Bericht über seine Reise und lenkte vorzüglich die Aufmerk-
samkeit auf die Südküste des karaibischen Meeres, die bisher
kaum bekannt war, wo man aber Gold vermutete.
Das Haus der Welser erwarb mittlerweile vom Indienrat
in Madrid das Recht auf eigene Kosten und Abenteuer,
wann und so oft sie wollten, als wären sie Spanier, von Spanien
aus nach dem neuen India zu fahren." Vielleicht jedoch um
im Falle eines besonders günstigen Erfolges dem Kaiser nicht
zu sehr verpflichtet zu sein, unterstützten sie zwar das Unter-
nehmen mit Geld, erschienen aber vorerst nicht als die eigent-
lichen Unternehmer. In einem im Jahre 1528 in Madrid ab-
geschlossenen Vertrag wurden Heinrich Ehinger, ein Bruder
des Ambrosius, und Hieronymus Sailer, ein Ulmer Kaufmann,
mit den Entdeckerrechten belehnt. Diese sollten das Recht
haben, in dem Gebiet zwischen dem Kap de la Vela (östlich
vom Golf von Maracaibo) und Maracapana (in der Näbe der
Insel Margarita), das den grösseren Teil vom heutigen Vene-
zuela einschliesst, einen Gouverneur zu ernennen und ver-
pflichteten sich, Kolonisten und Bergleute dorthin zu schaffen
und innerhalb zweier Jahre zwei Städte und drei Festungen
zu bauen. Sie sollten zollfreie Ein- und Ausfuhr von Lebens-
mitteln haben und sich ein Stück Land als Privateigentum
aussuchen; vier Prozent des königlichen Fünftels wurde ihnen
geschenkt und das Recht, Indianer zu
Sklaven zu machen,
ihnen zugesagt.
Ambrosius Ehinger, als Gouverneur, und Bartholomäus
Sailer, als Vice-Gouverneur, führten den ersten Zug, der mit
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fünfhundert Mann in drei Schiffen von San Lucas, nicht weit
von Cadiz, abfuhr. Unter den mitgeführten Leuten befand
sich eine Anzahl Deutsche, darunter fünfzig deutsche Bergleute
aus Joachimsthal in Sachsen. Am 24. Februar 1529 wurde
im Hafen des heute noch existierenden Städtchens Coro, am
Ufer des Golfs von Maracaibo gelandet. Dieses war im Juli
1527 von dem Spanier Juan de Ampues gegründet worden,
welcher sich verdrossen nach Santo Domingo zurückzog, als
ihm die königlichen Briefe vorgelegt wurden. Wegen den in
den Seen auf Pfählen errichteten Wohnungen der Eingeborenen,
erinnerte das Gebiet an Venedig mit seinen Wasserstrassen und
wurde deshalb von den Fremden Venezuela oder Klein-Venedig
genannt. Coro wurde befestigt und weiter nach Westen wurde
Maracaibo als zweite Festung gegründet.
Ambrosins Ehinger (welcher von den spanischen Geschichts-
schreibern durchweg Ambrosio Alfinger oder Inguer genannt
wird) unternahm nun von Coro ans Streifzüge ins Innere des
Landes um Goldlager zu suchen, von denen die Indianer er-
zählten. Es wurden ihm aber nur Enttäuschungen zu Teil.
Obgleich Gerüchte von Gold und Perlen nicht fehlten, ge-
rieth er nur in ein unfruchtbares, von dichtem Urwald und
grossen Sümpfen bedecktes Land. Durch die letzteren wurde
es besonders schwer, sich Weg zu bahnen, da sie mit den in
tropischen Sümpfen so üppigen Mangrovenbäumen bewachsen
waren, deren Samen schon auf den Zweigen keimen und Wur-
zeln in das Wasser und den Schlamm hinuntersenden, so dass
jeder einzelne Baum ein fast undurchdringliches Dickicht wird.
Man bekam keine Reichtümer zu sehen und legte sich daher
auf die Sklavenjagd. Die spanischen Berichte, in denen nie-
mals eine Gelegenheit verfehlt wird, den Deutschen einen Hieb
zu geben, nennen die Kolonisten in dieser Hinsicht seelenlose
Spekulanten und unbarmherzige Abenteurer. Die Spanier
können sich aber, was die Behandlung der Eingeborenen be-
trifft, sicherlich nicht rühmen, und es ist zu bemerken, dass
unter den deutschen Führern keine von den Greuelthaten vor-
kamen, die unter den spanischen fortwährend verübt wurden;
es fanden keine Verbrennungen im Namen der Religion der
Liebe statt und das Zerreissen von Eingeborenen durch Hunde,
oder das mutwillige Abhacken ihrer Hände war unbekannt.
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Nichtsdestoweniger war das Geschick der armen Indianer
sehr schlimm. Wie wilde Thiere wurden sie gejagt und darauf
nach Coro gesandt. Von hier wurden sie nach Santo Domingo
verkauft, um in den Minen und auf den Plantagen ihr Leben
zu enden, da die dortige eingeborene Bevölkerung schon von
der harten Arbeit am Aussterben war.
Die deutschen Regenten der Kolonie werden von spanischen
Historikern scharf kritisiert, weil sie nicht, wie das in anderen
spanischen Kolonien der Fall war, das Land und die Indianer
unter den Kolonisten austeilten. Es ist sicher, dass das Ge-
biet so schnell vorwärts gekommen wäre, aber anscheiulich
fürchteten Ehinger und seine Nachfolger, dass es in dieser
Weise schwerer zu regieren wäre.
Ehinger fuhr fort, goldene Irrlichter tief im Urwalde zu
verfolgen. Doch die Streitigkeiten, die unter seinen Leuten
zwischen dem spanischen und dem deutschen Element ausge-
brochen waren, sowie die Unzufriedenheit wegen der Frucht-
losigkeit des Zuges, der strengen Disziplin des Führers und
der Grausamkeit einer seiner spanischen Hauptleute, verur-
sachten eine Empörung, die er schwer niederhielt. Dazu kam
noch, dass die Eingeborenen, mit denen man in Berührung
kam, immer feindseliger und tapferer wurden. Ehinger fand
sich daher genötigt, umzukehren, und kam im Mai 1530 in
Coro an.
Hier waren inzwischen die Sachen in einen schönen Zu-
stand geraten. Ehinger hatte mit Spaniern die wichtigsten
Stellen bekleidet, aber trotzdem entstand bald ein grosser Hass
zwischen den Spaniern und den Deutschen. Die letzteren
wurden auch unter sich uneinig. Im März 1530 kam Georg
Ehinger, ein zweiter Bruder des Ambrosius, an und vermehrte
nur die Streitigkeiten, indem er versuchte, sich mit Gewalt der
Herrschaft zu ermächtigen, da er seinen Bruder, von dem man
lange nichts mehr gehört hatte, tot wähnte. In Europa hatte
man aber auch mittlerweile entweder gar keine oder nicht be-
friedigende Nachrichten von Ehinger erhalten und einen Nürn-
berger, Hans Seissenhofer, an seiner Stelle zum Gouverneur
gemacht. Dieser ernannte einen Ulmer Kaufmann, Nikolaus
Federmann, als Vizegouverneur, und die beiden trafen im April
1530 auch mit drei Schiffen und fünfhundert Mann in Coro an.
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Sobald Ambrosius Ehinger von seiner Expedition zurück-
kam, erklärte er jedoch die Ernennung Seissenhofers für un-
gültig und bemächtigte sich wieder der Regentschaft. Seissen-
hofer, ein sanfter Mann, gab nach und blieb ruhig in Coro,
wo er nicht lange darauf starb. Sein Name bereitet den spa-
nischen Chronisten viel Kopfzerbrechen, einige nennen ihn
Juan Sinser Ofer, andere einfach Juan Aleman, Johann
Deutscher.
Der Streit in der Kolonie war nicht gestillt. Ehinger
scheint sich geweigert zu haben, den von dem königlichen
Schatzmeister verlangten Anteil an der Beute seiner Züge aus-
zuliefern, er behielt einen grossen Teil des vom Sklavenhandel
herrührenden Gewinnes für sich und sandte den Rest an die
Welser. Bald liefen heftige Klagen über ihn und die anderen
deutschen Kaufleute am Hofe und beim Indienrat in Madrid
ein. Auf einer Reise, welche Ehinger nach Santo Domingo
unternahm, hatte er im Juli 1530 einen Streit mit den dortigen
Steuerbeamten.
Gegen Ende des Jahres 1530 unternahm Ehinger einen
längeren Zug nach Südwesten. Dabei überstieg er, unter vielen
blutigen Zusammenstössen mit den Indianern, die schneeigen
Anden. Hier aber fand er sein Ende. Als er eines Abends
im Oktober 1532 in
einem anscheinend ruhigen Thal des Landes
der Chinacota-Indianer mit seinem Freunde Stephan Martin
vor dem Lager spazierte, wurden die beiden plötzlich überfallen
und während sie sich wehrten und viele Indianer niederstreckten,
erhielt Ehinger einen Pfeilschuss in den Hals. Seine Leute
trieben gleich darauf die Indianer zurück, Ehinger aber starb
drei Tage später. Das Thal, in der Nähe der heutigen Stadt
Pamplona in Columbia gelegen, erhielt den Namen "el Valle
del Micer Ambrosio," Das Thal des Herrn Ambrosius." In
Ambrosius Ehinger verlor die Kolonie ihren besten Mann;
nach seinem Tod nahm der spanische Einfluss immer mehr
überhand, bis er das Unternehmen vernichtete.
Die Märsche von Ehinger und seinen Nachfolgern Feder-
mann, Hohermuth, und von Hutten, müssen unser Erstaunen
und hohe Bewunderung hervorrufen. Es scheint unbegreiflich,
dass die mutigen Führer und ihr ganzes Gefolge vor den Hinder-
nissen nicht unterlagen. Sie hatten sich durch ein unbekanntes,
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wildzerrissenes Land, über weite Wüsten, durch dichten Urwald,
und über hohe Bergesketten Weg zu bahnen und dabei immerzu
sich gegen feindliche Indianerstämme nnd vor wilden Tieren
zu wehren. Viele spätere Expeditionen hatten weniger Glück;
der grosse Zug, welchen Pedro de Silva im Jahre 1569 veran-
staltete, scheiterte schon nach wenigen Monaten. Als im Jahre
1819 Bolivar sein Heer von Venezuela in derselben Gegend
über das Gebirge führte, um den Spaniern Neu Granada abzu-
jagen, verlor er, obgleich er gebahnte Wege verfolgte und
durch ein ihm freundliches Land zog, doch viele seiner Lente
und fast alle seine Gepäcktiere in den eisigen Pässen und tiefen
Abgründen jener runden Gebirgskette.
Unterdessen waren die Klagen über den Geschäftsgang in
Venezuela in Europa angeschwollen und das Haus Welser be-
schloss, das Unternehmen allein weiterzuführen. Durch einen
am 17. Februar 1531 in Madrid abgesehlossenen Vertrag, wurde
die Statthalterschaft und ein förmliches Monopol auf Venezuela
dem Hause Welser übertragen. Die Königin-Regentin von
Spanien unterzeichnete den Vertrag und gleichwie in Antwort
auf die vielen Klagen erklärte sie ausdrücklich ihr Vertrauen
zu den Welsern und befahl den spanischen Beamten, sie und
ihre Diener demgemäss zu behandeln. Das Haupt der neuen
Gesellschaft war Bartholomäus Welser, und zu derselben ge-
hörten dessen Bruder Anton und ein Schwager Konrad Vöhlin
aus Memmingen.
Es wurde nun ein tüchtiger Mann, Georg Hohermuth, aus
Memmingen, zum Generalkapitän von Venezuela ernannt, mit
dem stolzen Titel Adelantado, der soviel wie Statthalter and
Eroberer bedeutete. In den spanischen Geschichten wird er
Jörge de Spira, Georg von Speyer, genannt, wahrscheinlich
weil er aus Speyer gebürtig war oder lange dort gewohnt hatte.
Mit einem Gefolge von etwa vierhundert Mann kam er Anfangs
Februar 1534 in Coro an. Unter seinen Begleitern befanden
sich Leute von hohem Stand, darunter der zweiundzwanzig-
jährige deutsche Ritter Philipp von Hutten, der von den
Spaniern Felipe de Urre oder Utre genannt wird. Dieses Ver-
spanischen der Namen hat Anlass zu Irrtümern gegeben und
der deutschen Rasse viel von dem ihr wegen den Thaten dieser
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kühnen Männer zufallenden Ruhme geraubt, da man unter
ihnen Spanier und nicht Deutsche vermutete.
Die Nachricht von der eben erfolgten Eroberung Perus und
den dort gefundenen Schätzen hatte die Goldgier und Erobe-
rungslust wieder zur Fieberhitze getrieben. Man glaubte gern
die immer wiederholten Geschichten von einem unermesslich
reichen Lande weit im Innern hinter den Bergen, wo die
Strassen mit Gold gepflastert und die Säulen des königlichen
Palastes aus gediegenem Gold gearbeitet seien. Zweimal den
Tag, so hiess es, werde der König mit wohlriechendem Oel ge-
salbt und dann von Kopf zu Fuss
mit Goldstaub bestreut.
Von den Spaniern wurde er daher "el Dorado," ,,der Vergol-
dete" genannt. Viele Expeditionen, geführt von berühmten
Soldaten, wie die beiden Pizarros, die beiden Quesadas, Orellana,
Berrio, Raleigh, Masham, u. a., wurden in die Wildnis unter-
nommen um das Land von El Dorado zu suchen, und zu den
ersten und ausserordentlichsten gehören die von Hohermuth, von
Hutten, und Federmann.
Der letztere, Federmann, (von den Spaniern Nicolao Fedre-
man genannt), war gleich nach dem Tode Ehingers nach
Europa gereist, um zum Gouverneur ernannt zu werden, und
war enttäuscht nur als Vizegouverneur zurückzukommen. Gleich
nach seiner Ankunft mit Hohermuth wurde ausgemacht, Feder-
mann solle nach Santo Domingo gehen, um auf Rechnung der
Welser Pferde und Vorräthe zu kaufen und dann Hohermuth
auf dessen beabsichtigtem Zuge nacheilen. Der Adelantado
hielt sich daher nicht lange in der Kolonie auf, sondern trat
mit vierhundert Soldaten, nebst indianischen Anhängern, den
Marsch ins Innere an. Kaum war er fort, erklärte Federmann
seine Absicht, auf eigene Faust einen Zug zu unternehmen.
Er warb so viele Leute an, wie er konnte, und schickte sie
nach dem Kap de la Vela. Nach seiner Rückkehr von Santo
Domingo hielt er sich lange in dieser Nachbarschaft auf in
einer fruchtlosen Suche nach Perlen, deren Gegenwart er hier
entdeckt hatte. Anfangs 1536 brach er mit vierhundert Mann
auf und marschierte über die Berge nach Westen. Ehe er das
Uparthal im heutigen Columbia erreichen konnte, unterlagen
viele seiner Soldaten der grossen Hitze und den Qualen des
Durstes. Federmann wandte sich nun nach Süden und war
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schon weit den Magdalenenstrom hinaufgezogen, als er einen
Brief vom Gouverneur von Santa Marta erhielt, in welchem
ihm dieser höflich mitteilte, er habe die Grenzen seiner Provinz
Überschritten und ihn bat, sich zurückzuziehen. Um nicht
mit dem einflussreichen Mann zu brechen, kehrte Federmann
um und verlor so die Gelegenheit, die wunderschöne reiche
Hochebene von Bogotá zu entdecken. Nicht nur er, sondern
auch Ehinger und Hohermuth, hatten diese Gelegenheit und
verloren sie. Die alten spanischen Chronisten sagen: Gott in
seiner grosseu Weisheit wollte den Deutschen diese Ehre nicht
gestatten.
Federmann zog sich nun nach Maracaibo und von dort
nach Coro zurück, von wo aus er einen zweiten Zug plante.
Hier verlor er viel Zeit, indem er auf Depeschen von Europa
wartete, durch die er, wie er hoffte, zum Gouverneur befördert
würde. Ende 1537 brach er von Barquisimeto auf, liess aber
das Heer im Winterquartier und kehrte nach Coro zurück um
die Depeschen zu erwarten. Erst Anfangs 1538 fing er seinen
grossen Marsch in die Llanos an. Er drang bis zu den Quellen
der Flüsse Apure, Casanare und Meta, Nebenflüsse des Orinoco,
vor. Einmal hörte er, dass Hohermuth, der sich auf seinem
Rückzug nach Coro befand, in der Nähe sei; er wich ihm aus
und marschierte nach Osten, wo er in grosse Sümpfe gerieth.
Darauf wandte er sich wieder nach Westen und versuchte die
hohe, mit ewigem Schnee bedeckte Bergeskette der Anden, die
dort den Weg versperrte, zu übersteigen. Mehrmals musste er
davon abstehen, zuletzt aber gelang es, indem die Leute au
vielen Stellen mit Hacken Fusshalt verschafften und oft die
Pferde an Seilen über die Abhänge hinabliessen. Die Kälte und
Mühsale des Weges forderten viele Opfer, bis Federmann gegen
Ende 1539 auf der Hochebene von Bogotá ankam, wo er den
berühmten Adelantado Gonzalo Jimenez de Quesada vorfand,
der den Magdalenenfluss heraufgekommen war und sich hier
angesiedelt hatte. Im Triumph ritt Federmann in die Stadt
Santa Fé de Bogotá ein. Mit vierhundert Mann war er von
der Küste aufgebrochen, fünfundsiebzig hatten sich ihm später
angeschlossen, und nur dreissig Mann zu Pferd und hundert-
dreiunddreissig zu Fuss blieben ihm übrig. Fast zu gleicher
Zeit kam Pizarros, General Sebastian de Benalcazar, an, der
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von Quito über Popayan durch die Berge hermarschiert war.
Humboldt erwähnt das dramatische Zusammentreffen dieser
drei Conquistador es als eines der merkwürdigsten in der Ge-
schichte der Eroberung Südamerikas. Da alle drei dieses Gebiet
beanspruchten, beschlossen sie, ihre Ansprüche dem Kaiser vor-
zulegen und reisten zusammen nach Europa zurück. Von hier
ging Federmann nach Deutschland, wo er starb, nachdem er,
so heisst es, mit den Welsern in einen Gerichtsprozess geraten
war. Federmann war ein stattlicher Mann mit weisser Haut
und rotem Haar, unerschrocken und ausserordentlich liebens-
würdig; sein Fehler war seine grosse Ehrsucht.
Hohermuth, als er jenseits der Berge angekommen war,
machte Streifzüge, aber da unter den wilden Indianerstämmen
kein Gold gefunden wurde, marschierte er mutig in die grosse,
einer Prairie gleichen Ebene hinein. Der Zug über diese Llanos
wurde sehr schwierig wegen des rauhen Terrains und der Feind-
seligkeit der Einwohner. Als die Regenzeit kam, und das tief-
liegende Land überschwemmt wurde, nahm der Adelantado im
Hügelland gegen Westen Zuflucht und errichtete sein Winter-
quartier in der Nähe von da, wo heute das Städtchen Barinas
steht.
Hier wurde mehrere Monate auf die Wiederkehr der
trockenen Jahreszeit gewartet. In dieser Zeit ging der Proviant
ganz aus und es waren fortwährend die Ueberfälle der tapferen
Bergbewohner zurückzuschlagen. Zuletzt war die Mehrzahl der
Leute so von Hunger und Krankheit abgemattet, dass der
Gouverneur beschloss, einen Teil seiner Truppe weiter nach
Westen zu senden, um in den Thälern im Hochgebirge zu
fouragieren.
Vom Hunger angespornt, gingen die Soldaten auf die Suche
nach Lebensmitteln aus und hatten bald das Glück, auf einem
hohen Berge eine Hütte zu finden, welche die Kornkammer
der umherliegenden Stämme zu sein schien. Dieser Fund
stärkte die kleine Armee und der unerschrockene Adelantado
beschloss nun, weiter in das unbekannte Land einzudringen.
Zuerst schickte er seine Kranken und Verwundeten und einen
aufrührerischen Hauptmann nach Coro zurück, unter einer
starken Bedeckung, die ihm dann nacheilte und sich ihm wieder
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anschloss. Dann setzte er seinen Marsch nach Süden über die
Llanos fort, im Westen die Bergeskette im Auge behaltend.
Wie das kleine Heer über die vielen reissenden Ströme
in dieser Gegend oder die breiten, von Krokodilen und Schlan-
gen wimmelnden Flüsse Apure, Sarare und Cansanare, setzen
konnte, bleibt ein Rätsel. Nach vielen mühevollen Monaten
kamen die Soldaten halbtot von Hunger am Ufer des Upia an.
Die Lebensmittel waren ihnen wieder gänzlich ausgegangen und
sie mussten sich von den Wurzeln der Helikonia und von
Würmern und Eidechsen nähren. Da sie jetzt ganz erschöpft
waren, und die Regenzeit wieder im Anzug war, wurde hier
Halt gemacht, eine hochgelegene Stelle an einem Hügel zum
Winterquartier ausgesucht, und Hütten gebaut.
In diesem Lager glaubte man sich geborgen und wohlauf-
gehoben. Aber die Donnerstimme der tropischen Stürme hatte
drein zu reden. In den furchtbaren Gewittern die im Frühling
täglich wiederkehren, öffnen sich die Schleusen des Himmels
und der Fluss verwandelt sich in ein brausendes Meer, mit
einer alles vor sich hinreissenden Strömung. In den zwei
Jahren, die verflossen waren, seit die Expedition Coro verlassen,
war sie nicht in solche Gefahr und Not geraten. Das Hoch-
wasser, auf der einen Seite, drohte die Lagerstätte fortzureisen,
der Berg, auf der anderen, war voll hungriger Jaguare und
anderer wilden Tiere, die auch von dem Hochwasser auf das
wenige trockene Land getrieben worden waren. Die Lebens-
mittel gingen wieder aus, und da der grösste Teil der Ebene
überschwemmt war, wurde es unmöglich, sie zu erneuern.
Hätten die Soldaten das Land besser gekannt, so hätten sie
sich vielleicht mit Wild versehen können, aber so mussten sie
zu wilden Früchten und Wurzeln Zuflucht nehmen. Sogar
diese konnten nur unter Beschwerden gesammelt werden, wegen
der wilden Tiere und feindseligen Eingeborenen, die in und
auf dem Wasser so gut zu Hause wie auf dem Land, fort-
während das Lager umlauerten und bei jeder Gelegenheit Nach-
zügler und einzelne Leute überfielen und töteten.
Doch der unbesiegbare Geist des Führers hielt ihn und
seine Truppe auf und kaum liess die Ueberschwemmung nach,
so setzte er auf die Südseite des Flusses über, schlug sich
durch mehrere feindliche Indianerstämme und verfolgte seinen
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Weg nach dem Süden. Ein gefangener Indianer erzählte ihm
von einem reichen und bevölkerten Lande gegen Westen, dessen
Einwohner sich mit wollenen Tüchern kleideten und Gold-
schmuck trügen, also civilisierter sein mussten, als die Wilden,
mit denen er soweit in Berührung gekommen. Der Adelantado
sandte eine Anzahl seiner besten Leute um die dort liegende
hohe Bergeskette zu erforschen, aber da dieselben von einem
sehr zerrissenen und zu Hinterhalten geeignetem Land berich-
teten, und er seinem indianischen Mitteiler wenig Glauben
schenkte, schickte er sich nicht an, jene Gegend zu erobern.
Er hatte durch Erfahrung gelernt, dass die Indianer, um ihre
unliebsamen Gäste und deren Goldhunger los zu werden, ihnen
oft glitzernde Märchen über den Reichtum von entfernteren
Ländern erzählten. Wäre Hohermuth aber diesmal dem Rat
des Indianers gefolgt, so hätte er dessen Angaben wahr gefun-
den, denn er befand sich nur wenige Tagemärsche von dem
schönen und fruchtbaren Hochland der Muiscas. Sein Un-
glücksstern führte ihn dagegen weiter südlich in ein Land so
ganz das Gegenteil von dem beschriebenen, dass seine Gefährten
demselben den Namen "Mal Pais," Böses Land," gaben.
Nicht nur waren die natürlichen Hindernisse sehr gross, son-
dern die Truppe hatte sich in blutigen Zusammentreffen gegen
die verzweifelten Ueberfälle der mutigen Einwohner zu wehren.
Ohne die Bergeskette im Westen aas dem Auge zu ver-
lieren, marschierte das Heer weiter, bis es das Dorf eines
weniger kampflustigen Indianerstammes erreichte, wo das Fest
von Mariä Himmelfahrt (1537) gefeiert wurde. Das Dorf
wurde daher Nuestra Señora, unsere Herrin," genannt. Es
ist westlich von Popayan, in der Nähe von dem Ort, wo die
Spanier später die Stadt San Juan de los Llanos gründeten.
Hier hörte man wieder von einem an Gold und Silber reichen
Lande etwas weiter im Süden, und obgleich solche Geschichten
schon lange als unzuverlässig erkannt worden waren, schienen
sie doch diesmal ein venig Glauben zu verdienen, da man hier
einen Tempel der Sonne und andere Spuren von Civilisation
fand. Speyer hielt kaum lange genug, seine Leute ausruhen
zu lassen und eilte gleich weiter über den Ariari und in das
Land der Guayupes und Ganicamares Nach mehreren Zn-
sammenstössen mit diesen beiden starken Stämmen, entdeckte
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er die Quellen der oberen Beiflüsse des Papamene oder Caqueta,
eines der grossen Nebenflüsse des oberen Amazonenstroms.
Hier wurde auf kurze Zeit Halt gemacht und geruht. Die
Einwohner gaben den Fremdlingen einen freundlichen Empfang
und liessen sich in Tauschhandel mit ihnen ein. Die Soldaten
erhielten so
einen Vorrat von Lebensmitteln und die Indianer
allerlei Zierrat und kleinere Gegenstände, die ihnen gefielen.
Endlich aber wurden die Eingeborenen der lästigen Gäste müde
und versicherten ihnen, dass sie ein wenig weiter voran das
von ihnen begehrte Land finden würden. Um sie zu über-
zeugen, boten sich fünf Indianer an, sie direkt in das Goldland
zu führen. Das Anerbieten wurde angenommen, doch die arg-
listigen Indianer führten die Truppe in ein schreckliches Laby-
rinth von tiefen Sümpfen und dichtem Urwald, von einer
wilden und kriegerischen Nation von Kannibalen bewohnt. Diese
waren besonders geschickt im Gebrauch von grossen Lanzen
aus Palmholz mit Spitzen von geschärften Menschenknochen,
wie mancher arme Soldat zu seinem Leid ausfand. In der
Mitte dieser Wildnis verdufteten eines Nachts die fünf Führer
und überliessen ihre Freunde sich selbst.
Nicht im wenigsten durch diesen Streich entmutigt, be-
reitete sich der unbeugsame Adelantado vor, die Gegend gründ-
lich zu erforschen. Er schickte daher seinen erprobten Lieutenant
Stephan Martin mit 50 Mann zu Fuss und zwanzig zu Pferd,
die Umgegend zu rekognoszieren. Der alte Haudegen erkannte
bald die Gefahr, in welcher sich alle befanden. Nach fünf
Tagen, während welchen Leute und Pferde fortwährend in Ge-
fahr waren, von dem verräterischen Boden verschlungen zu
werden, kehrte er zum Lager zurück und suchte, dem Gouver-
neur von seinem Plan abzuraten. Dieser aber bestand auf
seinem Vorhaben and befahl Martin, die Pferde zurückzulassen,
und mit den fünfzig Mann in einer anderen Richtung seine
Forschung weiterzuführen.
Martin hatte sich nicht geirrt. Die Indianer liessen die
Soldaten weit ins wilde Land eindringen und fielen dann bei
jeder Gelegenheit auf sie. Die Ueberfallenen kämpften immer
wie Löwen, aber die Uebermacht war zu gross; sie suchten sich
zurückzuziehen, doch als sie noch weit vom Lager waren, be-
fanden sich alle so schwach von Hunger, der Nässe, und ihren
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Wunden, dass sie zum Halten gezwungen waren. Es schien,
als ob sie alle in der Wildnis umkommen müssten, doch ein
tapferer Soldat, Pedro de la Torre, machte allein den Weg
durch den Wald und benachrichtigte den Gouverneur, der ihnen
sofort zu Hülfe eilte. Martin aber und viele andere erlagen
ihren Wunden. Wegen den unablässigen Ueberfällen des Fein-
des wurde die Gegend von den Soldaten "Los Cheques," die
Zusammenstösse," genannt. Zu ihrem Unglück war die Truppe
ganz in der Nähe des Equators, wo strömende Regen an der
Tagesordnung sind, und dieses Klima rief unter Menschen und
Tieren tötliche Krankheiten vor. Unter denen, die hier an
Krankheit starben, befand sich Francisco Murcia de Rondon,
der Sekretär des Königs Franz von Frankreich während seiner
Gefangenschaft in Spanien.
Das arg mitgenommene Heer wartete vergebens auf ein
Nachlassen des Regens, aber da die Lage immer schlimmer
wurde, blieb nichts übrig als den schwersten Teil des Unter-
nehmens, nämlich den Rückzug nach der Küste, durch ein
zum grossen Teil überschwemmtes und menschenleeres Land
anzutreten. Beim Anzug der gefürchteten Fremdlinge ver-
liessen die Indianer ihre Dörfer und versteckten ihre Lebens-
mittel. Das Leiden der Soldaten war gross. Zu solcher Ver-
zweiflung wurden sie durch den Hunger getrieben, dass sie
ihre Sättel und Ledergürtel benagten, und als bei einer Ge-
legenheit vier Soldaten in einer Hütte essbare Wurzeln und ein
von seiner Mutter im Augenblick vorher verlassenes kleines
Kind vorfanden, sie nicht nur die Wurzeln, sondern auch das
Kind verzehrten. Hohermuth wollte die Leute sogleich hin-
richten lassen, doch da er ihrer im Feindesland nicht ent-
behren konnte, legte er ihnen eine weniger schwere Strafe auf.
Alle vier starben aber kurz darauf unter grossen Gewissens-
qualen.
Der Rückzug dauerte ein ganzes Jahr und bewies mehr als
irgend etwas anderes, aus was für Holz die mutigen Eroberer
geschnitzt waren. Von den vierhundert Mann, die fünf Jahre
vorher hoffnungsvoll auf der Suche nach Ruhm und Reichtum
ausgezogen waren, kehrten im Februar 1539 neunzig erschöpft
und abgemagert nach Coro zurück. Der tapfere Statthalter
Hohermuth überlebte ein Jahr die Strapazen des Zuges;
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er starb in Coro am 12. Juni 1540 und wurde in der dortigen
Kirche begraben.
Juan de Villegas verwaltete die Kolonie bis einige Monate
später, als die Audiencia von Santo Domingo, das königliche
Obergericht für Indien, das den Welsen immer etwas gram
war, ohne diese zu fragen, den Bischof de las Bastidas, das
religiöse Haupt von Coro, zum Gouverneur ernannte. Dieser
ehrwürdige Herr, der eifriger dem Mammon als der Kirche
diente, ernannte Philipp von Hutten zum Generalkapitän und
drängte ihn, einen neuen Zug zu unternehmen. Da Geld zu
solchem Zweck fehlte, schickte der Bischof eine Expedition
aus, unter dem mutigen und schlauen, spanischen Abenteurer
Pedro de Limpias, der unter Federmann gedient hatte, um in
der Nähe des Maracaibo Sees Sklaven zu jagen. Das Unter-
nehmen fiel so einträglich aus, dass Vorbereitungen für einen
längeren Forschungszug getroffen werden konnten.
Unterdessen kam im März 1541 ein neuer Zuzug von Europa
in Coro an. Diesmal hatte das Haus Welser mehr als Geld
eingesetzt. Es entsandte Bartholomäus Welser, den Jüngeren,
den Sohn des Hauses und Erben des grossen Namens und Ver-
mögens nach Venezuela. Dieser, ein liebenswürdiger, in den
Wissenschaften der Zeit ausgebildeter junger Mann, wurde
schnell mit Hutten eng befreundet und schloss sich diesem auf
seinem Feldzug an.
Hutten verliess im. Juni 1541 an der Spitze von hundert-
undfünfzig gut bewaffneten und wohl ausgerüsteten Leuten die
Stadt Coro. Seine Hauptleute waren der Spanier Limpias und
der junge Welser, der von den Spanier Bartolomé Belzar ge-
nannt wird. Der einzige damals den Kolonisten bekannte Pass
durch die dem Ufer entlang gelegene hohe Gebirgskette, war
der von Agua Caliente, etwas südlich von der heutigen Stadt
Puerto Cabello. Es war derselbe, durch welchen Hohermuth
einige Jahre vorher gezogen war. Da dieser Pass ungefähr
hundertundfünfzig Meilen östlich von Coro liegt und es damals
keine gebahnte Wege gab, muss der Marsch der Küste entlang
wegen dem heissen Sand und den vielen Sümpfen äusserst be-
schwerlich gewesen sein.
Am anderen Ende des Passes angelangt, verfolgte Hutten
durch die Llanos den Weg, den er mit Hohermut gemacht
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hatte, und kam wohlbehalten in Nuestra Señora an. Hier hielt
er, um die Wiederkehr der trockenen Jahreszeit abzuwarten
und um Nachforschungen nach dem von ihm gesuchten ge-
heimnisvollen Lande zu treffen. Sein Erstaunen war jedoch
gross, als ihm mitgeteilt wurde, dass kurz vorher Hernan Perez
de Qnesada mit einer starken Truppe von Bogotá her auf der
Suche nach dem El Dorado durchmarschiert.
Da Hutten befürchtete, dass der Spanier ihm in der Erobe-
rung des ersehnten Landes zuvorkommen würde, verliess er
früher, als er gedacht hatte, sein Winterquartier. Ein freund-
licher Indianer riet ihm, nach Osten zu maschieren, wo die
starke Nation der Omeguas wohne, welche wahrscheinlich die
von ihm gesuchte sei. Hutten trieb es aber nach Süden und
hatte dabei kaum besseren Erfolg als Quesada, der nach zwei
Jahren nur mit Mühe sein Leben und einen kleinen Teil seiner
Leute aus der Wildnis hervorbringen konnte. Hutten machte
nun den schwierigen Marsch durch das Papameneland und ge-
langte iu die Nähe des Putumayo, eines anderen Nebenflusses
des Amazonenstroms, also bis an die entlegendsten Grenzen der
heutigen Republiken Columbia und Ecuador.
Die Nähe der Regenzeit und die Erschöpfung der Leute
nötigte Hutten, die Berge aufzusuchen, und auf einem weit in
die Ebene reichenden Ausläufer der Anden, ging das kleine
Heer in Winterquartier. Hier aber warteten ihrer schwere
Leiden, denn da die Gegend fast unbewohnt war, und sie keine
Lebensrnittel finden konnten, waren sie auf die Wurzeln, Frösche
u. s. w., angewiesen. Der grösste Leckerbissen war ein Ball
von geröstetem Kornmehl voll roter Ameisen. Um diesen zu-
zubereiten, wurde der Teig in der Nähe eines Ameisennestes
gelegt, er war bald von Ameisen bedeckt, welche in ihn hineiu-
geknetet wurden, worauf er wieder hingelegt wurde und die
Sache ging so weiter, bis der Ball mehr Ameisen als Teig ent-
hielt. Solche Nahrung magerte die Leute zu Skeletten ab und
verursachte den meisten schmerzliche Geschwüre. Als die
trockene Jahreszeit wiederkam, eilte die Truppe nach Nuestra
Señora zurück, um dort auszuruhen und sich zu erholen.
Obgleich er bis jetzt mehr als die Hälfte seiner Leute ver-
loren hatte, beschloss Hutten, seine Kranken unter dem Schutz
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einiger Soldaten in Nuestra Señora zu lassen, und mit vierzig
Mann seine Forschungen fortzusetzen. Er erinnerte sich des
Rats des Papameneindianers und schlug eine östliche Richtung
ein, mit dem Plan, das Indianerdorf Macatoa am Ufer des
Guaviare, dem grossen Nebenstrome des oberen Orinoco, zu er-
reichen, von wo aus er die Omeguas anzugreifen gedachte.
Vielleicht war es Gleichgiltigkeit seitens der Indianer, viel-
leicht hofften diese, die Fremdlinge sobald wie möglich von den
mächtigen Omeguas vernichtet zu sehen, und vielleicht war es,
dass Hutten sich ihnen ungewöhnlich sympatisch machen konnte,
die Thatsache ist, dass der kühne Pfadfinder mit Hülfe von
indianischen Führern mit Leichtigkeit Macatoa erreichte. Der
Häuptling von Macatoa, als er das Ziel der Fremden erfuhr,
empfing sie mit vielen Freundschaftsbezeugungen und gab ihnen
die besten Wohnungen im Dorfe, nebst Lebensmitteln und
Dienerschaft. Als sie aufbrachen, schickte er Läufer voraus,
um seine Gäste dem Häuptling des nächsten Stammes, seinem
Bundesgenossen, zu empfehlen, warnte sie aber, die Omeguas
mit so wenig Leuten nicht anzugreifen. Unter dem nächsten
Stamme riefen die weissen Männer, ihre Kleidung und vor allem
ihre Pferde, solches Erstaunen hervor, dass die Indianer sich
noch aufmerksamer und freundlicher
zeigten, als die von Macatoa.
Auch hier wurde Hutten gegen die Omeguas gewarnt, es hiess,
sie seien sehr zahlreich und kriegerisch. Dazu wurden aber so
viele Geschichten von dem Gold- und Silberreichtum jener Ge-
gend erzählt, dass die Soldaten gegen alle Gefahren geblendet
wurden.
Als der freundliche Häuptling sah, dass die kühnen Eroberer
nicht zurückgehalten werden konnten, bot er sich an, sie mit
einigen seiner Leute bis zum Land der Omeguas zu geleiten.
In fünf Tagen kamen sie bei den ersten Vorposten dieser Nation
an. Den Berichten der zurückgekehrten Soldaten nach, erstiegen
sie einen Hügel, von welchem sie eine schöne Stadt sahen, so
gross, dass, obgleich dieselbe nicht sehr ferne lag, das Ende
nicht ersehen werden konnte. Die Strassen waren gerade und
die Häuser nicht weit auseinander. Unter diesen erhob sich
ein grosses, prächtiges Gebäude, und der freundliche Häuptling
erklärte, es sei der Palast des Königs, diene zu gleicher Zeit
als Tempel und enthalte viele Götzen und Gold.
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Der Häuptling wollte nun umkehren, aber ehe er sich von
seinen Freunden verabschiedete, riet er Hutten, ja die den Vor-
posten bewachenden Indianer, die schon die Fremden gewahr
geworden, gefangen zu nehmen, ehe sie die Stadt alarmieren
könnten. Der Rat wurde als ein ausgezeichneter erkannt und
der Befehlshaber und einige seiner Offiziere, die zu Pferde bei
ihm waren, setzten sofort den entfliehenden Omeguas nach.
Hutten ritt voraus und war heiss auf den Fersen eines der
Indianer, als derselbe sich plötzlich umdrehte und ihm mit der
Lanze einen furchtbaren Stoss versetzte, der ihm durch den
Brustharnisch und tief zwischen die Rippen drang. Von der
plötzlichen Wunde, dem Schmerz, und dem Blutverlust be-
täubt gab Hutten die Verfolgung auf, seine Gefährten trugen
ihn zurück, und die Flüchtlinge entrannen in die Stadt.
Bestürzt über den unerwarteten Unfall, der ihrem Befehls-
haber zugestossen, und besorgt, dass die Omeguas, von den
Wachen alarmiert, sie in grosser Uebermacht augreifen möchten,
beschlossen die Offiziere dem Rat ihres indianischen Freundes
zu folgen und sich schleunigst zurückzuziehen, ihren verwun-
deten Führer in einer Hängematte mit sich führend. Ihre Be-
fürchtungen waren begründet, denn bald hörte man in der Ferne
das verwirrte Geschrei einer grossen Menge, sowie die dumpfen
Töne der grossen Kriegstrommeln. Glücklicherweise war es
am Dunkelwerden und Huttens Leute vermochten während der
Nacht einen guten Vorsprung zu gewinnen.
Sobald sie das Dorf ihres Freundes, des Häuptlings, er-
reichten, galt ihre erste Sorge ihrem Befehlshaber, dessen
Wunde, so gut wie es ging, gewaschen und verbunden wurde.
Es dauerte aber nicht lange, da trafen Leute ein, mit der Nach-
richt, die Omeguas rückten mit einem unabsehbaren Heer
heran. Es bereitete Hutten grossen Verdruss sich nicht an die
Spitze seiner Soldaten stellen zu können, da er sich aber nicht
von seinem Lager erheben konnte, befahl er seinen Haupt-
leuten, dem jungen Welser, der sich an diesem Tage besonders
auszeichnete, und Pedro de Limpias die Indianer sofort anzu-
greifen. Den Berichten nach war die Zahl der herannahenden
Krieger nicht weniger als fünfzehn tausend, und obgleich
diese Angabe wahrscheinlich sehr übertrieben ist, so ist es
doch sicher, dass sie in furchtbarer Uebermacht kamen und
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dass irgend welcher Widerstand seitens der neunundreissig Sol-
daten hoffnungslos erscheinen musste. Pedro de Limpias griff
mit wenigen Reitern an, und obgleich die Omeguas nie vor-
her Pferde gesehen hatten, hielten sie wacker Stand, und dem
Spanier wäre es wohl schlecht gegangen, wenn nicht Welser
mit der Infanterie zur Stelle gelangt wäre. In dem blutigen
Handgemenge, welches folgte, trugen die Verzweiflung und die
Waffen der Europäer den Sieg davon, und das grosse Indianer -
heer wurde in die Flucht getrieben. Das Schlachtfeld war
mit Körpern und Federschmuck der Indianer bedeckt, die
Sieger aber verloren nur einen Mann. Mit dieser Schlacht ver-
schwinden die Omeguas von der Weltgeschichte, denn obwohl
später mehrere Expeditionen von Peru und Quito auszogen um
das geheimnisvolle Land zu suchen, blieben alle erfolglos und
die Gegend ist noch heute so gut wie unbekannt. Missionäre
jedoch erklären, dass die Stadt der Omeguas wahrscheinlich
nur ein grosses Indianerdorf war.
Ueberzeugt, dass es ihm unmöglich sein würde mit so
wenig Leuten ein Gebiet zu erobern, das so schnell ein solches
Heer hatte sammeln können, zog sich Hutten, sobald seine
Wunde soweit geheilt hatte, dass er reiten konnte, nach Maca-
toa zurück und von dort nach Nuestra Señora. Die zurück-
gelassenen Soldaten waren hocherfreut über die Mitteilungen
ihrer Kameraden, denn niemand zweifelte, dass die von der An-
höhe erblickte Stadt, die ersehnte Stadt El Dorado sei. Hutten
und seine Offiziere berieten unter sich, und es wurde einstimmig
beschlossen, nach Coro zurückzusenden, um dort Verstärkungen
zu sammeln und mit diesen die Expedition weiterzuführen.
Pedro de Limpias bot sich zu diesem Dienst an, und wurde
mit einer Anzahl Soldaten ausgeschickt. Hutten aber erinnerte
sich bald, dass sein Lieutnant stets mit dem deutschen Element
in Zwist und Feindschaft gelebt hatte; kurz nach dessen Aus-
zug nahm in ihm das Mistrauen die Oberhand und er folgte
mit dem Rest der Leute dem Spanier nach.
In der Kolonie hatten sich inzwischen die Verhältnisse
immer schlechter gestaltet. Die deutschen Kaufleute wurden
allerlei Betrüge beschuldigt, und es hiess, sie vorenthielten
den Spaniern und dem königlichen Schatzamt die ihnen zu-
fallenden Teile des Einkommens. Die Deutschen zeigten sich
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dabei taktlos, denn sie suchten immerzu die Audiencia zu Santo
Domingo zu hintergehen und wollten nur mit dem Indienrat
in Madrid verkehren. Der Bischof de las Bastidas war Anfangs
1542 nach Puerto Rico versetzt worden, an seine Stelle trat
Diego de Boica, aber schon vor Ende des Jahres wurde Hein-
rich Remboldt, der Agent der Welser in Coro, zum Verwalter
der Kolonie ernannt. Zu dieser Zeit war Coro durch schlechte
Verwaltung und die vielen Expeditionen so heruntergekommen,
dass die wenigen Einwohner es zu verlassen gedachten. Rem-
boldt aber schickte die Küste hinauf nach Cumaná und liess
Leute und Pferde kommen. Nach seinem Anfangs 1544 erfolgten
Tod, entstand ein solcher Streit zwischen zwei der Stadträte, dass
die Audiencia einen Beamten, Juan de Carvajal, nach Venezuela
schickte. Dieser
fälschte Depeschen, ernannte sich so zum
Gouverneur und präsentierte sich als solcher.
Carvajal und Limpias erkannten sich bei ihrem ersten Zu-
sammentreffen als sympatische Seelen, und anstatt Hutten Ver-
stärkungen zuzusenden, planten sie sein Verderben. Sobald
sie erfuhren, dass Hutten sich der Ansiedluug nähere, wurde
derselbe nach dem von Carvajal im Tocuyo-Tale gegründeten
Städtchen Tocuyo gelockt. Hier wurde er aufgefordert, seine
Würde als Generalkapitän aufzugeben, und als er sich weigerte,
wurde er überfallen. Nichtsdestoweniger gelang es ihm, Car-
vajal zu überwältigen. Unter Spaniern hätte dieses Tod oder
Gefangenschaft für den Elenden bedeutet, der grossmütige
Deutsche jedoch verzieh seinem Gegner und gab ihm kurz da-
rauf sogar seine Waffen und Pferde zurück. Dieser aber sann
auf Rache, und als Philipp von Hutten mit dem jungen Bar-
tholomäus Welser und ihren treuen Hauptleuten, Palencia und
Romero, Anfangs 1546 nach der Seeküste aufbrachen, folgte
ihnen Carvajal mit neunzig Mann, überholte sie unweit Coro
und liess die nichts Ahnenden umzingeln, während er sich
lächelnd näherte. Auf ein Zeichen wurden die vier edlen
Männer angefallen und gebunden, und gleich darauf einem nach
dem anderen mit einem Machete der Kopf abgehackt.
Die spanischen Geschichtsschreiber spenden dem biederen
Philipp von Hutten hohes Lob, und nennen ihn einen der
tapfersten Pioniere von Südamerika und einen uneigennützigen
Vorkämpfer für die Kolonisation des Landes. Der Spanier
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Oviedo sagt in seiner "Historia de la Cönquista": Von den
vielen Führern, die in den Indien Kriegszüge machten, befleckte
keiner sein Schwert mit so
wenig Blut, wie Felipe de Urre;
obgleich er in seinem vierjährigen Zug mehr Provinzen über-
lief, als irgend ein anderer, griff er nur zu den Waffen, wenn
ihm kein anderer Weg offen stand, Frieden zu erlangen." Solche
Worte von einem Spanier wollen viel heissen. Wie anders
wäre die Geschichte von Peru geworden, wenn die Eroberung
des Landes einem solchen Manne zugefallen wäre.
Carvajal fing nun an, fasst täglich einen oder zwei der
früheren Anhänger Huttens zu hängen. Der Tyrann sollte
aber nicht lange die Früchte seiner Frevelthaten geniessen.
In Spanien hatten die Klagen gegen die deutsche Gesellschaft
Ohr gefunden, der Indienrat hob die Rechte derselben auf
und sandte einen Juristen, Juan Perez de Tolosa, als Statt-
halter nach Venezuela. Dieser landete in Coro und wurde
bald von den Schreckensthaten des falschen Gouverneurs unter-
richtet, welcher sich weit von der Küste, in Tocuyo, hielt.
Der Statthalter vermochte ihn aber dort eines Nachts zu über-
fallen, und seiner habhaft zu werden. Gerichtet, und der ihm
zugeschriebenen Verbrechen schuldig befunden, wurde er Ende
September 1546 durch die Strassen des Städtchens geschleift,
und am selben prächtigen Zeibabaum in der Mitte der Plaza
gehenkt, der als Galgen vieler seiner Opfer gedient hatte.
Die Familie Welser verlor mit dem tragischen Tod ihres
Sohnes jede Lust an dem Unternehmen. Ein Entschädigungs-
prozess gegen die spanische Krone wurde angefangen, aber der-
selbe blieb erfolglos, und im Jahre 1555 gab das Haus Welser
seine Ansprüche auf das Land, das ihm so grosse Opfer ge-
kostet, vollends auf.
Dass welche von den deutschen Kolonisten in Venezuela
ansässig blieben, ist nicht zu zweifeln. Unter den Gründern
der Städte, die in den folgenden Jahren angelegt wurden, sind
zwar nur wenige, darunter Melchior Grübel, dessen Sohn Leon-
hard, und Peter Viltre (?) als Deutsche angegeben, aber es
werden eine Anzahl Namen genannt, die offenbar nicht spanisch
und eher verspanischte deutsche Namen sind. Der Gouverneur
Tolosa schrieb Mitte 1548, dass von den von Ehinger mitgebrach-
ten deutschen Bergknappen, nur noch wenige am Leben seien.
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An einem alten Haus in Augsburg, liest man heute noch
in Stein gehauen die Worte: Hier war einst die Bank des
weltberühmten Wechselhauses der Welser, welche die ersten
Schiffe nach Indien sandten. Bartholomäus Welser besass Vene-
zuela, das man das Welserland nannte." Die Inschrift ist das
Denkmal eines bewundernswürdigen Unternehmungsgeistes und
die Grabschrift der braven Männer, deren mutige Thaten und
mühevolle Arbeit in Südamerika, eine genauere historische Nach-
forschung verdienen, als ihnen bisher zu Teil geworden ist.
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